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Keine Öko-Wende mit der Ampel

■ BUND legt umweltpolitische Bilanz der Ampel vor: „Grüne sind Verlierer der Koalition“

In der Bremer Ampel klemmt das grüne Licht: Nach zwei Jahren rot-grün-gelber Politik in Bremen ist der Umweltschutz in einigen Details vorangekommen, doch in den gundlegenden Fragen ist von einer ökologischen Wende nichts zu spüren. Das ist das Fazit, das der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gestern als Halbzeitbilanz der Ampelkoalition zog. „Von einer Versöhnung von Ökologie und Ökonomie kann keine Rede sein“, erklärte BUND-Geschäftsführer Joachim Seitz. „Die Ökonomie powert durch, für die Ökologie bleiben ein paar Brosamen übrig.“

Die in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Umweltziele werden nach Ansicht der Umweltschützer „weit verfehlt“. Vor allem Verkehr und Naturschutz sehen sie in Bremen stiefmütterlich behandelt: „Fast alle ökologischen Ansätze in der Verkehrspolitik und im Naturschutz sind bislang auf der Strecke geblieben“, heißt es in der Bilanz. Vom grünen Umweltsenator Ralf Fücks wünscht sich der BUND mehr Verhandlungsgeschick und mehr Durchsetzungskraft. Die „Hauptbremse“ sei allerdings die FDP, so Seitz, die im Verbund mit der „kleinkrämerischen Handelskammer selbst auf kleine Naturschutzanliegen draufhauen, als ginge es um Bremens Untergang.“ Die Grünen ließen nicht erkennen, wo ihre Schmerzgrenze liege. „Somit sind gerade die Grünen mit der Umweltpolitik die eigentlichen Verlierer der Ampelkoalition.“

Seine Bilanz hat der BUND in die Bereiche Verkehr, Naturschutz, Abfallwirtschaft und Energie unterteilt. „Verkehr ist von der ökologischen Seite der große Verlierer“, meinte Verkehrsexperte Peter Müller. Zwar sehe der Koalitionsvertrag von 1991 eine deutliche Verminderung des Pkw- Verkehrs und den Vorrang für ÖPNV und Radfahren vor, aber diese Pläne kämen nicht voran. „Nur der Straßenbau wird mit Vollgas betrieben“, urteilte Müller. „Wenn nicht mal sechs Wochen Modellversuch autoarme Innenstadt durchsetzbar sind, ist der letzte Ansatz ökologischer Verkehrspolitik geschwunden.“

Auch der Flächenschutz sei „eindeutiger Verlierer“ der letzten beiden Jahre, hieß es. Weder gebe es ein neues Naturschutzgesetz, noch käme die Ausweisung von Naturschutzgebieten voran. „Naturschutz heißt Flächenschutz. Der allgemeine Flächenfraß, insbesondere durch Großprojekte wie das GVZ, der Container-Terminal in Bremerhaven oder Uni-Ost hat schwerwiegende Negativauswirkungen“.

Beim Thema Abfallwirtschaft gibt es Lob und Tadel. Das Festhalten an der geplanten Schließung der Müllverbrennungsanlage und das Konzept der „Restabfallbehandlungsanlage“ finden vor den Augen der Umweltschützer ebenso Gnade wie die Einführung von Mediationsverfahren und die Anreize für Müllkompostierung. Den grünen Sündenfall sieht der BUND aber nach wie vor in der Genehmigung für die Plastikverbrennung bei Klöckner: „Auch bundesweit ist das ein völlig falsches Signal, weil es den Vermeidungsdruck für Kunststoff wegnimmt. Das hat mit konsequenter Abfallpolitik nichts zu tun“.

Auch bei der Energiepolitik sieht die Bilanz der Koalition nicht rosig aus, meinen die Umweltschützer. Auf der positiven Seite seien die Förderung regenerativer Energien und von Wärmedämmung bei Häusern hervorzuheben. Negativ schlägt zu Buche, daß die Entscheidung über das Weserkraftwerk „auf die lange Bank geschoben wurde“ und vor allem störe die Diskussion über den Verkauf der Stadwerke: „Ein Verkauf an die Preag würde jeglichen Ansatz einer umweltfreundlichen Energiepolitik zunichte machen“, warnte Helmut Horn, beim BUND für Energiepolitik zuständig.

Mit leeren Kassen könne Bremen nicht zu einem „ökologischen Wunderland“ werden. „Aber Ökologie darf keine Schönwetterveranstaltung werden“, warnten die Umweltschützer. „Wir sind ein ungeheuer reiches Land. Es ist lächerlich zu behaupten, wir könnten uns Umweltschutz nicht leisten.“

Bernhard Pötter

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