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Brückenschlag ins Regierungsviertel

■ Bausenator Nagel legt Grundstein für den Wiederaufbau der Kronprinzenbrücke zwischen Mitte und Tiergarten

Russische Blasmusik und süßer Glühwein mußten Bausenator Wolfgang Nagel gestern bei der eisigen Grundsteinlegung zum Bau der neuen Kronprinzenbrücke assistieren. Doch sie reichten aus, um etwas Stimmung aufkommen zu lassen. Mit roter Nase und kalten Füßen versenkte Nagel „den ersten Stein im tiefen Schoß der Erde“ (Bau-Poesie) „als Symbol und sichtbares Zeichen“ für die Gestaltung des Mauerstreifens sowie des Spreebogens nördlich des Reichstags. Zugleich erhalten die Bezirke Mitte und Tiergarten eine historische Verbindung über die Spree zurück, die die Wohn- und Arbeitsstätten der Dorotheenstadt mit dem Tiergarten enger verknüpft.

Die Brücke des Architekten Santiago Calatrava, der 1991 einen internationalen Realisierungswettbewerb für sich entscheiden konnte, nimmt die Tradition der dreifeldrigen Berliner Spreebrücken aus der Schinkelzeit wieder auf. Zugleich interpretiert der spanische Bauingenieur die Architektursprache des 19. Jahrhunderts mit einfachen Mitteln der Moderne: Die neue Brücke mit einer mittleren Spannweite von 44 Metern soll aus einer filigranen Stahlkonstruktion bestehen. Der Übergang wirkt leicht und schwingt sich in schnittigen Bögen über die Spree. An beiden Uferseiten wird zusätzlich Raum für Rad- und Fußwege gelassen.

Die lichte Höhe von 4,5 Metern des 35 Millionen Mark teuren Verkehrsbauwerks, an dem sich die Europäische Gemeinschaft im Rahmen ihrer Regionalförderung für Infrastrukturen mit elf Millionen Mark beteiligte, müsse den Anforderungen der modernen Schiffahrt genügen, sagte Nagel. „Der Brückenschlag“, parlierte der Bausenator, „erhält durch die Förderung der Europäischen Gemeinschaft eine symbolische Bedeutung, denn die Wiedervereinigung ist auch eine europäische Aufgabe.“

Die neue Brücke ersetzt die 1879 fertiggestellte eiserne Kronprinzenbrücke, die ihren Namen zur Erinnerung an den ersten Kronprinzen des Deutschen Reiches trug. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Verbindung ins Alsenviertel stark beschädigt und nach einer notdürftigen Reparatur nach dem Bau der Mauer in den siebziger Jahren abgerissen. Die beiden Flußfundamente blieben jedoch erhalten. Mitte 1995 soll die 50 Meter lange Brücke den quartierbezogenen Verkehr in zwei Spuren vom Schiffbauer Damm in das Regierungsviertel in spe führen. Rolf Lautenschläger

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