piwik no script img

Start der UNO-Winterhilfe für Bosnien

■ Schicksal der Konvois nach Zenica dennoch ungewiß / Auch Srebrenica, Tuzla und Vitez sollen versorgt werden / Goražde geht vorerst leer aus / Kroatische Truppen klebten Gefangenen Minen auf den Rücken

Sarajevo (AP/AFP) – Trotz anfänglicher Schwierigkeiten hat die Winterhilfe der UNO für Bosnien gestern doch noch einen erfolgreichen Start gehabt. Erstmals seit vier Wochen bewegten sich gegen Mittag fünf Konvois auf die Ziele Zenica, Zepa, Srebrenica und Tuzla zu.

Zwei Konvois für die UNO-Depots in Zenica, von denen aus fast eine Million Menschen versorgt werden, hatten bis mittag die Hälfte des Weges noch nicht passiert. Vor ihnen lagen noch die als kritisch geltenden umkämpften Gebiete, wo bei Novi Travnik und Travnik die Front zwischen der bosnischen Armee und kroatischen Truppen quer über die Straße verläuft. Erstmals seit dem Tod eines dänischen UN-Fahrers im Oktober sollte damit ein Konvoi die südliche Route zur Versorgung Bosniens passieren.

Der eine der beiden Konvois war am Morgen mit kroatischer Genehmigung von Tomislavgrad in der westlichen Herzegowina gestartet. Er besteht nach britischen Angaben aus 43 Lastwagen mit fast 300 Tonnen Versorgungsgütern und ist über fünf Kilometer lang. Ein Teil der Fahrzeuge soll den am Weg liegenden britischen Stützpunkt Vitez versorgen, der seit einer Woche eingeschneit ist. Die Lkw-Kolonne ist die erste, in der britische Militärlastwagen von britischen UNO-Soldaten gefahren werden. Außerdem wird sie von britischen Schützenpanzern begleitet. Sie soll im Falle des Erfolgs die zivilen Fahrer des UNHCR davon überzeugen, daß die Kriegsparteien ihre am 18. November in Genf abgegebene Friedensverpflichtung einhalten. Der zweite Konvoi nach Zenica mit zehn Fahrzeugen brach am Morgen von der serbischen Hochburg Banja Luka aus auf, nachdem die von den Serben gestellte Eskorte nach längeren Verzögerungen doch noch eingetroffen war. Drei weitere Konvois mit insgesamt 160 Tonnen Versorgungsgütern für Muslime fuhren von Serbien aus zu den ostbosnischen Enklaven Srebrenica und Zepa sowie nach Tuzla, wo am Vorabend bereits ein Militärkonvoi der UNO-Schutztruppen eingetroffen war. Diese insgesamt vier Transportverbände waren eine Woche lang von Serben festgehalten worden.

Ohne Hoffnung auf rasche Versorgung blieben vorerst die in der ostbosnischen Enklave Goražde eingeschlossenen mehreren Zehntausend Muslime. Ein bei Zvornik bereitstehender Konvoi erhielt nicht die notwendige Genehmigung der bosnischen Serben. UNO-Militärbeobachter berichteten, Goražde habe noch am Dienstag unter serbischem Artilleriefeuer gestanden.

Bei den Kämpfen um die zentralbosnische Stadt Novi Travnik klebten kroatische Soldaten nach Angaben der britischen Zeitung Times drei gefangenen Muslimen Panzerabwehrminen auf Brust und Rücken. Die Soldaten seien dann gezwungen worden, zu ihren Truppen zurückzukehren. Als sie bei ihren Kameraden angelangt seien, hätten die Kroaten die Panzerabwehrminen über einen Verbindungsdraht gezündet. Die drei wurden getötet, mehrere ihrer Kameraden verletzt. Ein britischer UNPROFOR-Hauptmann habe die zerfetzten Leichen sowie die Spuren der an ihnen befestigten Minen gefunden. Der stellvertretende Kommandeur der kroatischen Truppen bei Novi Travnik, Ilija Marin, habe den Vorfall bestätigt und erklärt, es habe sich um die Tat eines Einzelnen gehandelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen