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32 Millionen Mark im Sand verbuddelt

■ Mehrzweckhalle nach Erpressungsversuch der Investoren gescheitert / Senat hat für Stadionabriß 32 Millionen gezahlt

Eines der umstrittensten öffentlichen Bauprojekte Berlins ist auf Eis gelegt. Fast genau ein Jahr nach Beginn der Verhandlungen mit dem schwedisch-deutschen Konsortium DB-Immobilien/Siab ist nun der Bau der Mehrzweckhalle auf dem Gelände des ehemaligen Stadions der Weltjugend gescheitert. Der Sprecher der Bauverwaltung, Ralf Schlichting, wollte zwar nur etwas von einem „Stagnieren“ der Verhandlungen wissen, doch bestätigte er, daß der Konzern zuletzt unannehmbare Forderungen gestellt habe. So habe der Konzern versucht, die finanziellen Lasten für den Mammut-Bau in unzulässigem Maße auf das Land Berlin abzuwälzen. Er wollte 180 Millionen Mark, die er investieren sollte, erst nach Abschluß der Bauarbeiten zahlen und den Bürokomplex, der neben der Mehrzweckhalle errichtet werden sollte, nach dessen Fertigstellung verkaufen.

1,3 Milliarden Mark sollten auf dem 13,2 Hektar großen Areal in eine Halle und einen Wohn- und Dienstleistungskomplex investiert werden. 20.000 Zuschauer sollte die Halle fassen, 180.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche die Bürobauten umfassen, davon 20 Prozent Wohnungen. Seit der Ausgabe der Wettbewerbsunterlagen am 11. September 1991 gab es immer wieder Schwierigkeiten mit der Finanzierung des Projektes. So mußte der Senat schon bald die Hoffnung aufgeben, die Investitionen ohne öffentliche Beteiligung vornehmen zu können. Alle drei Konkurrenten, die aus einem Auswahlverfahren im Sommer letzten Jahres als Sieger hervorgingen, forderten eine Public-Private-Partnership. Dabei waren die Forderungen der DB-Immobilien/Siab weitgehender als die ihrer Konkurrenten. Sie verlangten vom Land Berlin, daß es zur Finanzierung der Mehrzweckhalle Darlehen in Höhe von 325 Millionen Mark zur Verfügung stelle. Damit wären die Baukosten in Höhe von 302 Millionen Mark vollends abgedeckt gewesen. Die Darlehenssumme sollte zu 115 Millionen Mark aus dem Anteil Berlins an der Vermarktung des Dienstleistungssektors erbracht werden. Nach dem Scheitern der Verhandlungen will die Bauverwaltung nun wieder mit den beiden übrigen Anbietern ins Gespräch kommen, die bereits im letzten Jahr abgelehnt wurden. Es sind dies die Stanhope Properties/ Ove Arup aus London und die Doblinger Industriebau/Open Air, an der der Bauunternehmer Roland Ernst beteiligt ist. Wie Schlichting erklärte, habe jetzt auch ein amerikanischer Investor ein Konzept vorgelegt, das zur Zeit geprüft werde. Der Senat, der für den Abriß des Stadions der Weltjugend bis jetzt 32 Millionen Mark ausgegeben hat, halte auf jeden Fall an dem Bau fest. Allerdings sei nicht auszuschließen, daß die ursprünglichen Konditionen geändert werden und unter Umständen die Halle in kleinerem Umfang gebaut werde. Auch bei den künftigen Verhandlungen wird es wesentlich um den Beitrag gehen, den das Land Berlin zur Finanzierung leistet. Dies sei, so Schlichting, „die Kernfrage“. Dieter Rulff

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