: Bund soll für Abtreibung zahlen
Frauenministerinnen der Länder kündigen Bundesratsinitiative zum Paragraph 218 an / Paritätische Besetzung des Bundesverfassungsgerichts gefordert ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs
Die Frauenministerinnen der Länder wollen den Frauen im Falle eines Schwangerschaftsabbruchs „den Gang zum Sozialamt“ ersparen. Der gestern mit großer Mehrheit gefaßte Beschluß – elf stimmten dafür, zwei dagegen und drei enthielten sich – sieht im Gegensatz zu den Plänen der Bonner Regierungskoalition vor, daß die Krankenkassen die finanzielle Abwicklung der Schwangerschaftsabbrüche übernehmen und in jedem Fall vorfinanzieren. Frauen, die weniger als 1.900 Mark netto im Monat verdienen, sollen die Kosten des Abbruchs vom Bund erstattet bekommen. Wer über ein höheres Einkommen verfügt, muß selbst blechen. Einen ähnlichen Beschluß hatten die Sozialminister der Länder mit den Stimmen aller sozialdemokratisch mitregierten Landesregierungen – insgesamt elf – erst vor wenigen Tagen ebenfalls verabschiedet. Die Frauenministerinnen „rechnen fest damit“, so die Bremer Senatorin Sabine Uhl, daß es schon in Kürze eine entsprechende Gesetzesinitiative der elf Länder im Bundesrat geben wird. Zur Zeit existieren in den Ländern sehr unterschiedliche Regelungen. Mit den während einer zweitägigen Konferenz in Düsseldorf verabschiedeten Beschlüssen haben sich die Frauenministerinnen nach Darstellung der Vorsitzenden Ilse Ridder-Melchers (NRW) „eng an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes gehalten“.
Mit großer Mehrheit sprachen sich die Ministerinnen außerdem dafür aus, am Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem 1.1. 1996 festzuhalten. An der Umsetzung müsse sich der Bund finanziell beteiligen. Eine Aufweichung und Verschiebung dieses Anspruches, wie ihn gerade die SPD- Landtagsmehrheit in NRW beschlossen hat, „könne nicht hingenommen werden“, hieß es gestern. Die Vorsitzende der Konfernez, Ridder-Melchers, beugte sich der Düsseldorfer Kabinettsdisziplin und schloß sich dem Votum ihrer Kolleginnen entgegen ihrer Überzeugung in diesem Punkt nicht an.
Ginge es nach dem Willen der Düsseldorfer Konferenz, dann bekämen die mit deutschen Männern verheirateten ausländischen Frauen sofort nach der Eheschließung zumindestens in „Härtefällen“ ein eigenständiges Aufenthaltsrecht.
An den Bundesgesetzgeber erging die Aufforderung, das Ausländerrecht, das bisher noch eine dreijährige Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet als Hürde vorsieht, entsprechend zu ändern.
Fast einstimmig votierten die Frauen gestern dafür, die beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts künftig „geschlechterparitätisch“ zu besetzen. Von den 16 Ministerinnen finden 14 diese Idee gut, nur zwei enthielten sich.
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