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■ Press-SchlagSportbotschafter schwärmen aus

Die „Zentralamerikanischen und Karibischen Spiele“ in Puerto Rico boten für die Sportlerinnen und Sportler aus Kuba nicht nur eine willkommene Möglichkeit, einmal mehr die Überlegenheit des kubanischen Sportsystems in der Region zu demonstrieren. Für einige aus der 931-köpfigen Delegation war die Veranstaltung auch die Gelegenheit, dem wirtschaftlichen Elend auf der Insel den Rücken zu kehren. Ein gefundenes Fressen für die „Rescue Legion“, eine von exilkubanischen und puertorikanischen Piloten gegründete Organisation, die seit einigen Jahren kubanische Flüchtlinge einsammelt, die in winzigen Booten in den Gewässern zwischen Insel und Festland treiben, und sie zur Küste der USA bringt.

Die Rescue Legion witterte während der Spiele, bei denen es Wettkämpfe in den verschiedensten Disziplinen gab, ihre große Chance und sorgte durch ihre Aktivitäten für erheblichen politischen Zündstoff in Puerto Rico. Die streng anticastristische Gruppe ließ sogar einen Helikopter über dem kubanischen Quartier kreisen, um Athleten, Journalisten und Funktionäre zur Flucht zu animieren. 32 Personen nutzten laut Auskunft der Legion die Gelegenheit und suchten in Puerto Rico um politisches Asyl nach, 22 waren es nach offiziellen kubanischen Angaben. Unter den Abtrünnigen waren zwei Gewichtheber, die kurz zuvor noch Gold für Kuba geholt hatten, zwei Radfahrer, zwei Bogenschützen, zwei Wasserballer, einige Trainer, ein Fotograf, ein Hockeyspieler, ein Taucher, ein Bowlingspieler, ein Scharfschütze, die beste Softball-Pitcherin der Insel und, pikanterweise, die Nummer zwei des Sicherheitsstabes der Delegation.

Sie alle dürften wenig Probleme mit einem Einreisevisum in die USA bekommen, denn Kubaner erhalten die Aufenthaltsberechtigung in den USA seit 1966 leichter als Angehörige jeder anderen Nationalität. Wer vor Fidel Castro, dem personifizierten US-amerikanischen Alptraum, flieht, kann kein schlechter Mensch sein.

Untergebracht war das kubanische Team in einer Kaserne der „National Guard“ in Salinas, 60 Kilometer von San Juan entfernt, Besuche bei Freunden oder Verwandten mußten 24 Stunden vorher angemeldet werden, um entsprechende Sicherheitsmaßnahmen treffen zu können. Doch es half alles nichts, bei jedem abendlichen Appell fehlten ein paar Schäfchen des dahinvegetierenden Sozialismus.

Außenminister Roberto Robaina zeigte sich jedoch keineswegs erschüttert über die Zahl derjenigen, die vor der Krise just in jenes Land flohen, das durch seine Blockadepolitik maßgebliche Schuld an der desolaten ökonomischen Situation trägt. „Die wahre Nachricht“, sagte Robaina, „ist, daß die überwältigende Mehrheit der Athleten fähig gewesen ist, dieser Art von Aktion zu widerstehen.“ Matti

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