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Weltbank will den Welthunger überwinden

■ Die Armut soll weiter durch Wirtschaftswachstum verringert werden

Berlin (taz) – In Washington beginnt heute eine Konferenz mit dem Titel „Overcoming Global Hunger“ (Den Welthunger überwinden), auf der die Weltbank eine neue Strategie zur Bekämpfung des Hungers vorstellen will. Wie die schon vor zwei Jahren vorgestellte Strategie zur Bekämpfung der Armut setzt sie auf ein höheres Wirtschaftswachstum und hebt dabei die neuen industrialisierenden Länder Südostasiens als Modell hervor.

„Chronischer Hunger“, so die internationale Finanzinstitution, „entstammt zumeist unzureichendem Einkommen, nicht einem Mangel an Lebensmitteln in der Welt.“ Daher gehe es vor allem darum, die Geldeinkommen der ärmsten Bevölkerungsschichten anzuheben. Die Voraussetzung dafür sei eine Änderung der Wirtschaftspolitik im Sinne marktwirtschaftlicher Reformen. Damit könne die gegenwärtige Rate des Wirtschaftswachstums in der Dritten Welt von den in den 80er Jahren erzielten 3,4 Prozent pro Jahr auf fünf Prozent steigen. Dann könne der Anteil der Hungernden an der Bevölkerung von 1995 bis 2015 um die Hälfte sinken – von 30 auf 15 Prozent.

Dies, so Weltbank-Präsident Lewis Preston zum Konferenzauftakt, sei dadurch erwiesen, daß „Länder, die sich um die Förderung des freien Marktes und des privaten Unternehmertums bemühen und in das Gesundheits- und Bildungswesens investieren, dramatische Ergebnisse erzielt und oft innerhalb einer Generation die Armutsrate halbiert haben“.

Da die Mehrheit der Armen nach Weltbankberechnungen in Südasien und Schwarzafrika lebt, geht es also im wesentlichen darum, die gegenwärtig in beiden Weltregionen angezweifelte Notwendigkeit der bereits eingeleiteten Wirtschaftsreformen zu unterstreichen. Wie bereits in der Armutsbekämpfungsstrategie wird aber auch in den neuen Modellrechnungen über die „Halbierung des Hungers“ Wirtschaftswachstum und Armutsverringerung gleichgesetzt.

Um der neuen Strategie doch einen neuen Inhalt zu geben, will die Weltbank auf der Konferenz eine kleine Revolution verkünden: Bisher gab sie nur Kredite an Regierungen; fortan sollen auch „andere Kreditorganisationen, die den sehr Armen Kleinstkredite gewähren“, gefördert werden. Gemeint sind damit die vielerorts in der Dritten Welt wie auch in Armutsregionen der reichen Länder existierenden informellen Banken, in denen die Ersparnisse einer Gemeinschaft zusammengelegt und dann an Bedürftige ausgeliehen werden können. In Schwarzafrika als tontines bekannt und weltweit durch die Grameen-Bank in Bangladesch bekanntgeworden, sind diese Selbsthilfebanken oft die einzige Kreditquelle für Bauern und arme Familien.

Daß die Weltbank jetzt lange nach allen anderen Entwicklungshilfeorganisationen den informellen Kreditsektor entdeckt, kann als Eingeständnis gesehen werden, daß die bisherigen Armutsbekämpfungsstrategien – die vor allem auf die Integration der Armen in den formellen Arbeitsmarkt setzten – mit dem realen Wirtschaftsleben der Dritten Welt wenig zu tun hatten. D.J.

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