: Neues Fach
■ „Sachkunde“ setzt die Reihe der BBK-Eröffnungsausstellungen fort
Was macht ein Ding zu Kunst? Solch' grundsätzliche Fragen bestimmen die gewandelte Erscheinung des Berufsverbandes bildender Künstler in Hamburg (BBK). Während der Kunstverein nebenan stets auf die Problematik der neuen Räume hinweist, beflügelt den neuen Ausstellungsleiter des BBK, Claus Mewes, der neue Ort zu einer enzyklopädisch angelegten Bestandsaufnahme hiesiger Kunst. Mit einem die Alt-Mitglieder provozierenden Schwung werden ohne Rücksicht auf Vereinszugehörigkeit im Zyklus Made in Hamburg anregende Spotlights auf den aktuellen Kunstdiskurs gesetzt.
Nach der Präsentation von Malerei durch Claus Mewes zeigte Ludwig Seyfarth unter dem Titel Scheinwerfer mediale Arbeiten wie Daniel Hausigs phosphorisierende Negative von Lampen und Röntgenposen, vergrößerte Apparate zur 3-D-Wahrnehmung von Fotos (Stephen Craig), projizierte Worte von Christoph Irrgang und mikroskopisch klein verborgene Poesie von Betty Leirner.
Nach Licht- und Gedankenkunst setzt nun Isabel Schulz Sachkunde auf den Stundenplan. Ihre Auswahl fragt nach der Bedeutung, die die Kunst den Dingen und dem Alltag gibt. „Kunst kommt von Gießen“ behauptet Christian Terstegge und läßt in 21 Blumentöpfen grüne Gießkannen wachsen, und ein sanftes Rauschen von Wind und Wasser erhebt solche Kunstnatur zum Traum des Gärtners im 3. Jahrtausend. Die Kannen sind grün - das Glück ihres erfolgreichen Einsatzes vorausnehmend. So künden die Dinge von ihren unverschämt eigenen Wünschen auf ihre adäquate Benutzung.
Ganz gewöhnlichen Dingen eine irritierende Offenheit zurück zu geben, ist bereits der Sinn. Drei in sich ruhende runde Objekte von Eric Friedmann liegen auf einer Art Altar, ihr Sinn zwischen minimal Art, Selbstrepräsentanz und konzeptueller Bedeutung kann nur meditativ erschlossen werden. Jeder muß für sich selbst dem künstlerischen Artefakt eine Bedeutung geben.
Gewöhnlich geben wir den Dingen ihre Bedeutung über den Preis, der Geldwert interessiert auch bei Kunst oft mehr als seine sinnstiftende Funktion. So produziert Anette Wehrmann gleich eigenes Kunstgeld: DSB, die deutsche Seifenbetonwährung, besteht aus Muschelformen, deren Wirkkraft = Kaufkraft jeweils neu bestimmt werden muß. Erinnerungen an „Mark der DDR“ sind dabei rein zufällig. Künstler als schlaue Lehrer in Sachkunde, ironisch gebrochen und fern dem Pathos letzter Weisheit. Hajo Schiff
Klosterwall 15, Di-So 11-18 Uhr, Do 11-21 Uhr; bis 26.12.
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