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Staatsanwalt gegen Landgericht

■ 16E-Übergriffe: Staatsanwalt solidarisch mit Polizisten

Wie sind Übergriffe der berühmt-berüchtigten 16E-Schicht am Revier Lerchenstraße zu bewerten? Anders als die Zivilkammer 3 des Landgerichts sieht dies offenbar die Abteilung 14 der Hamburger Staatsanwaltschaft, die für die Bearbeitung von Beamtendelikten zuständig ist: Während das Gericht einem Opfer Schmerzensgeld zugestanden hatte, stellte Staatsanwalt Joachim Dreyer ein erneut eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen die Beamten nun ein – das Ergebnis der viertägigen Beweisaufnahme des Gerichts sei „nicht überzeugend“.

Von vorne. Der Kläger Lutz Priebe war im August 1990 Opfer eines „16E“-Einsatzes geworden: Im Anschluß an eine Demo vor der Lerchenwache war er von Fahndern festgenommen und in die Wache gezerrt worden. Dort kam er mit einem Nasenbeinbruch wieder heraus. Trotz einer Anzeige wegen Körperverletzung stellte die Abteilung 14 das Verfahren mehrfach ein: Angeblich sei den Polizeibeamten kein Vergehen nachzuweisen, die Tatzeugen unglaubwürdig.

Anders das Landgericht. Vier Tage lang setzte sich die Kammer um Richter Detlev Timmermann in einer umfangreichen Beweisaufnahme mit dem Vorfall auseinander. Während Augenzeugen die Übergriffe im Wesentlichen bestätigten, konnten sich die beteiligten Polizisten an nichts mehr erinnern – für das Gericht eine reine Schutzbehauptung. Das Gericht sah es daher als erwiesen an, daß Priebe – wie zuvor andere Menschen auch – auf der Lerchenwache schwer „mißhandelt“ worden ist und verdonnerte die Polizei zu Zahlung von 2500 Mark Schmerzensgeld. Die Innenbehörde akzeptierte das Urteil, legte keine Beschwerde ein.

Trotz des erneut eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen die Beamten (Körperverletzung, Falschaussage) stellte Staatsanwalt Dreyer das Verfahren jetzt ein – er unterstellt den Tatzeugen unverhohlen Falschaussagen: „Die Bedenken, die sich gegen die Glaubwürdigkleit des Anzeigenden, seines Bruders und der Zeugen richten und bereits in vorgenannten Bescheiden dargetan sind, bestehen weiterhin.“ Der Staatsanwalt vermutet ein „solidarisches Denken“ der Zeugen mit dem „Anzeigenden“ und sogar eine „feindselige Einstellung gegenüber den Beamten“. Sämtliche Tatfeststellungen, die das Landgericht gemacht hat, werden von Dreyer pauschal nach Aktenlage als „nicht überzeugend“ und „nicht nachvollziehbar“ abqualifiziert.

Priebes Anwalt Johannes Santen hat gegen den „skandalösen Einstellungsbescheid“ Beschwerde eingelegt. Es sei ein Novum, daß ein Staatsanwalt eine viertägige Beweisaufnahme einfach vom Tisch wischt, „ohne sich selbst ein Bild, einen persönlichen Eindruck verschafft zu haben, etwa dadurch, daß er diese Zeugen persönlich vernommmen hätte.“ Die Staatsanwaltschaft wollte zu dem „schwebenden Verfahren“ keine Stellungnahme abgeben. Kai von Appen

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