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Motschmann bringt CDU in Verruf

■ CDU streitet über ultrarechte Vergangenheit ihrer zweiten Partei- und Fraktions-Vorsitzenden

Elisabeth Motschmann, in der CDU ohnehin von den Frauen und der Jungen Union unter Beschuß, hat einen schwarzen Fleck auf ihrer Weißen Weste abbekommen. Das Eingeständnis, vor zehn Jahren Mitglied in der rechtsextremen „Konservativen Alternative“ gewesen zu sein, wird in der Oppositionspartei wohl noch ein Nachspiel haben. Zwar sei gestern in der Fraktion ohne viel Aufregung diskutiert worden, hieß es aus CDU-Kreisen, aber die Sache sei noch längst nicht ausgestanden: „Da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“ Besonders verärgert sind ihre wenigen Parteifreunde und Parteifreundinnen, daß sie über die Vergangenheit ihrer Kollegin durch die Presse und nicht durch sie selbst erfahren haben: „Man wußte ja nichts“. Die Stimmen in der CDU gehen so weit, den Rücktritt Motschmanns zu fordern, um „Schaden von der Partei abzuwenden“.

Gestern war bekanntgeworden, daß Motschmann von Oktober 1982 bis September 1983 Mitglied und stellvertretende Bundesvorsitzende der rechtsextremen „Konservativen Aktion“ gewesen war. Die Politikerin bestätigte ihre Mitgliedschaft, erklärte aber, in der Anfangszeit seien rechtsextreme Tendenzen und Ausländerfeindlichkeit nicht zu erkennen gewesen: „Ich habe nur in den allerersten Anfängen mitgemacht“. Sie könne sich nicht erinnern, ob sie zur stellvertretenden Vorsitzenden „in Abwesenheit gewählt“ worden sei oder „ob ich doch dabei war.“

„Unsinn“ heißt es dazu aus der Fraktion. Von Anfang an sei klar zu erkennen gewesen, daß die KA nach Rechtsaußen driften würde. „Ein politischer Mensch muß übersehen, was er tut. Schließlich war sie damals schon CDU-Mitglied.“

Die „Konservative Aktion“ war in den achtziger Jahren unter Ludek Pachmann, Ex-Schachgroßmeister und CSU-Rechtsausleger, dem rechten Journalisten Joachim Siegerist und ZDF-Moderator Gerhard Löwenthal angetreten, um Wählerstimmen rechts der CDU zu mobilisieren. Neben dem Kampf gegen die „Überflutung Deutschlands durch Ausländer“ und gegen die Abtreibung hatten sich die „Konservative Aktion“ auch die „Freiheit für Rudolf Heß“ auf ihre Fahnen geschrieben. Außerdem forderte sie „Grenzen dicht für Asylanten“, stellte sich mit „allen anständigen Deutschen auf die Seite der Polizei gegen den roten Straßenpöbel“ und kämpfte um den „Fortbestand unseres deutschen Vaterlandes“.

„Es gibt keinen Grund, Elisabeth Motschmann mit Rechtsextremisten in einen Topf zu werfen“, stellte sich Fraktionschef Kudella in voller Breite vor seine Kollegin. Motschmann habe die KA verlassen, als „politische Aussagen unhaltbar wurden. Sie hat als Politikerin mit konservativer Grundeinstellung in der CDU eine Heimat, zumal ihr nichts vorzuwerfen ist.“

Da ist sich selbst die Junge Union nicht so sicher: gestern forderte die CDU-Jugendorganisation eine „Aufklärung der Verbindung von Frau Motschmann zur Konservativen Aktion“. Die JU, die 1984 einen Unvereinbarkeitsbeschluß zur KA faßte, wundert sich besonders über Motschmanns Blackout zum Thema Stellvertretende Bundesvorsitzende: „Die Aussage, daß die stellvertretende CDU Fraktions- und Landesvorsitzende – die Kenntnis dieser Ämter hat sie wohl – nicht wisse, wie sie zu dem Amt gekommen sei, scheint wenig überzeugend.“ Und weiter orakelt die Jugendorganisation: Falls an der Sache mehr dran sei als bisher bekannt, könne dies die seit der Wahl des Fraktionsvorstandes Mitte November „etwas angespannte Stimmung in den Spitzengremien der Bremer CDU weiter verschlechtern.“

SPD und Grüne wundern sich besonders über Motschmanns Vorträge in der Bürgerschaft: „Man muß sich fragen, was von den verbalen Distanzierungsbemühungen von Frau Motschmann gegenüber den rechtsextremen Parteien zu halten ist, wenn sie zugleich die Nähe solcher verfassungsfeindlicher Gruppierungen sucht“, erklärte Horst Isola von der SPD-Fraktion. Auch Hermann Kuhn von den Grünen fragt sich, warum Motschmann in den Debatten in der Bürgerschaft sich nie zu ihrer Vergangenheit bekannt habe. J.G./bpo

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