: Genfer Bosnien-Runde ergebnislos abgebrochen
■ Serbisch-bosnische Truppen greifen an mehreren Fronten an / Situation für Hilfskonvois verbessert / Stoltenberg als UNO-Sonderbeauftragter abgelöst
Genf (taz) – Die Genfer Bosnien-Runde war am Donnerstag abend kaum zu Ende gegangen, als Truppen der bosnischen Serben an zahlreichen Orten der ehemaligen jugoslawischen Republik Stellungen der bosnischen Armee angriffen. Die Verhandlungen waren ohne Festsetzung eines neuen Termins unterbrochen worden, weil die Serben keinerlei Bereitschaft zu den von der Europäischen Union (EU) verlangten territorialen Zugeständnissen gezeigt hatten. In der kommenden Woche sollen nun zunächst bilaterale Gespräche am Flughafen Sarajevo stattfinden.
Trotz der eskalierenden Kämpfe haben die Behinderungen der UNO-Hilfskonvois im Laufe dieser Woche nach Angaben des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) abgenommen. Allerdings sei zwischen dem 26. November und dem 2. Dezember lediglich ein Drittel der notwendigen Hilfsgüter angekommen. Gestern morgen starteten 17 neue Konvois mit insgesamt 1.314 Tonnen Material, darunter erstmals auch Öfen, Gasflaschen und Baumaterial für winterfeste Unterkünfte. Derartige Hilfsgüter hatten die serbischen Truppen bis dato noch nie durchgelassen.
Der UNO-Vermittler Stoltenberg ist gestern überraschend von seiner zweiten Funktion als UNO- Sonderbeauftragter für Ex-Jugoslawien abgelöst worden. Die Ablösung wurde von UNO-Generalsekretär Butros Butros Ghali offiziell mit der „Überlastung“ des Norwegers begründet. Stoltenberg erklärte dazu, er sei bei seinem Amtsantritt davon ausgegangen, daß die Genfer Bosnien-Verhandlungen in absehbarer Zeit beendet werden würden und der damalige Vance-Owen-Friedensplan „nur noch umgesetzt zu werden“ brauche. Wenige Tage später hatten das selbsternannte „Parlament“ und ein „Referendum“ der bosnischen Serben den Plan endgültig abgelehnt.
Der von Ghali zum Nachfolger Stoltenbergs berufene Japaner Yasushi Akashi war seit 1979 als stellvertretender UNO-Generalsekretär zunächst für die Informationsarbeit der UNO, dann für Rüstungskontroll- und Abrüstungsfragen zuständig. Kurz nach seinem Amtsantritt als neuer UNO- Generalsekretär Anfang 1992 hatte Ghali Akashi zum Sonderbeauftragten für Kambodscha ernannt. Nach Abschluß der Kambodscha-Aktion, die UNO-intern als einer der wenigen Erfolge der letzten Jahre gilt, mußte für Akashi ein neuer Posten gefunden werden. In Genf wurden gestern allerdings erhebliche Zweifel laut, ob der Japaner als Sonderbeauftragter für den komplizierten Konflikt in Ex-Jugoslawien die geeignete Person ist. Andreas Zumach
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