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"You have died"

■ Wer auf der Intel Computer Champion Chip das Spiel am Videomonitor wagte, landete mitunter unverhofft im Sarg / Chip-Multis wie Intel sehen in Golfkrieg- und ähnlichen Spielen "häusliche Kommunikationsinstrumente"

Bunt flackern die Monitore. Ein nervenzerfetzendes Chaos aus Piepsen, Krachen, Röhren, Zwitschern, Flackern, Blitzen und Blinken erfüllt den Saal: Die „Intel Computer Champion Chip“ ist eröffnet.

Für einen Tag stellte der weltweit größte Chiphersteller am letzten Samstag siebeneinhalb Stunden lang über 100 Personalcomputer zur Verfügung, die von jedem benutzt werden dürfen. Der eigentliche Höhepunkt der Veranstaltung ist ein Wettbewerb, bei dem „Privateer“ gespielt wird, eine Art „Krieg der Sterne“ am Bildschirm. Dem Sieger winkt eine Flugreise in die USA.

Der Eintritt ist frei. In der Halle 22 des Internationalen Congress Centrums (ICC) drängen sich die Kids vor Terminals und Monitoren. Gespielt werden „Strike Commander“, „Air Combat“, „Space Hulk“ oder „Star Trek“. Der Name ist da Programm.

Von einem jugendlichen Experten lasse ich mir einen tarnfarbenen Jagdbomber mit Cruise Missiles, Luft-Boden-Raketen und einer Reihe verschiedener Bomben bestücken. Souverän handhabt der Junge den Joystick, bis eine bunte Landkarte vom Nahen Osten auf dem Monitor erscheint. In der Gegend von Bagdad, so lautet der Auftrag, soll ein Landstrich bombardiert werden. Die Maschine startet von einem Flugzeugträger aus. Nachdem sie abgehoben hat, drückt mir der Computerfreak den Joystick in die rechte Hand.

Jetzt bin ich Bomberpilot.

Auf Grund einer gewissen pazifistischen Haltung entsorge ich meine Bombenladung schon über dem offenen Meer und ballere ein paar Salven mit dem Bord-Maschinengewehr in den blaßblauen Himmel. Keine zehn Sekunden später werde ich von einem plötzlich auftauchenden Abfangjäger hinterrücks abgeschossen. Auf dem Monitor erscheinen ein Feuerball und ein lakonisches „You have died“: Ich bin also gestorben.

Weil bei einem Computerspiel der neuen Generation alles stimmig sein muß, darf auch die virtuelle Beerdigung nicht fehlen. Erstaunt sehe ich mir an, wie mein Sarg, in eine Ami-Flagge gehüllt, in die Erde versenkt wird, während ein paar hervorragend digitalisierte Köpfe Grabesreden halten. Mit einer Totalaufnahme des Grabes vor einem nun blutroten Himmel und der finalen Aufforderung „Rest in peace“ – „Ruhe in Frieden“ – endet meine Pilotenkarriere. Computerspiele – die Schulbücher der Zukunft?

Zumindest die Entwickler sind davon überzeugt, daß die bunten Computersimulationen zur zeitgemäßen Aus- und Weiterbildung beitragen.

Die heute immer anspruchsvolleren, mit Sound und 3-D-Animationen durchsetzten Reisen in virtuelle Welten erfordern immer größere Rechnerleistungen. Das hat den im kalifornischen Santa Barbara ansässigen Konzern veranlaßt, die Computerspiel-Weltmeisterschaft ins Leben zu rufen.

Auf seiten der Firma sieht man in der Entwicklung multifunktionaler Video-TV-Telekommunikations-PCs den kommenden Megatrend. Die Zukunft des Computers liege in seiner sich bereits abzeichnenden Bedeutung als häusliches Kommunikationsinstrument. Wie Mathias Ebert, der Pressesprecher von Intel, erklärte, werden schon jetzt die Hälfte der jährlich abgesetzten 40 Millionen PCs an Privathaushalte verkauft. Peter Lerche

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