: 16,8 Mio kurzfristig für Grunau
■ Wirtschaftsressort verfaßte „Nicht-Papier“ über die AG-Weser-Pleite
Im den Bremer Wirtschaftsförderungsausschüssen ist man verschnupft wg. Grunau. Bei „Buten&Binnen“ hatten die Mitglieder am Dienstag abend Faksimile sehen können, daß es eine schriftliche Vorlage zur Neustrukturierung der AG-Weser-Flächen gibt und daß sie als Ausschuß dafür unter dem Strich 16,8 Millionen bewilligen sollen. Aber die Mitglieder des Ausschusses hatten diese Vorlage nicht, als sie gestern zusammentraten, und auf die Nachfrage des CDU- Mitglieds Schrörs, was er denn da gesehen habe auf dem Bildschirm, bekam er vom Staatsrat Haller die Auskunft, es gebe dieses Papier, das er da gesehen habe, nicht. Es gibt einen Entwurf, der wurde „zur Abstimmung“ verschiedener Senatsressorts gegeben - und abgelehnt. Das Ergebnis ist ein klassisches „Nicht-Papier“.
Das, was Haller dann mündlich Vortrug, hatte mit dem Inhalt dieses gerade drei Wochen alten Konzeptes (Datum: 23.11.1993) nichts mehr zu tun. Es gebe zwei Alternativen, plauderte Haller, um den unhaltbaren Zustand auf dem AG- Weser-Gelände endlich zu beenden. Entweder werde Grunau auf einer kleinen Fläche dort konzentriert, die seinen Aktivitäten angemessen sei, oder die Grunau- Aktivitäten (Lager und Sandstraheln von Stahlplatten) würden nach Bremerhaven verlagert.
Dort ist die Firma Kramer interessiert an dem Auftrag. Die letztere Alternative würde dazu führen, daß die gesamte Wasser-Fläche der AG-Weser frei würde. Was dort dann aber passieren soll, ob dort immer noch ein „Hotelbetrieb“ für den „Großanlagenbau“ angesiedelt werden soll, darüber verlor Haller kein Wort.
Der CDU-Abgeordnete Schrörs wurde etwas „heftig“: „Der Wirtschaftssenator will uns für dumm verkaufen“. Solange er keinen schriftlichen Bericht habe, stelle er keine Fragen, ließ er zu Protokoll nehmen. Der SPD-Wirtschaftspolitiker Detmar Leo schloß sich an.
Der SPD-Politiker Konrad Kunick warf im Ausschuß die Frage auf, was denn passieren würde, wenn man die Grunau-Gruppe pleite gehen lassen würde. Dann würden die Hallen an die Sparkasse fallen, meinte dazu Wirtschaftssenator Jäger, und die Stadt hätte weniger Einfluß darauf, wie sie verwertet werden. Die Wirtschaftsförderungsausschüsse vertagten sich dann auf das neue Jahr.
Das „Nicht-Papier“ von Ende November 1993 spricht eine ganz andere Sprache. Da werden noch einmal die Lösungsvorschläge skizziert, die seit zwei Jahren mit der Grunau- Gruppe verhandelt werden. 67.000 Quadratmeter Fläche sollen da der Grunau-Gruppe gegeben werden, wenn sie ihre jetzigen Flächen räumt und die Hallen, die er 1986/7 für 3,9 Millionen bekommen hat, für 12,9 Millionen an die Stadt zurückgibt.
1,5 Millionen Mark sollte Grunau erhalten für den Umzug auf die neuen Flächen. Aber es gibt außer dem Plattenlager nichts an Grunau- Aktivitäten auf der AG-Weser, was „umziehen“ müßte, die Container- Abteilung ist aufgelöst.
Ende November geht das Wirtschaftsressort in seiner Vorlage noch davon aus, daß auf den beiden Hallen 12, 5 Millionen grundschuld liegen. Der Kaufpreis wird entsprechend mit 12,9 Millionen festgesetzt. Offensichtlich hatte die Sparkasse dem Ressort nicht mitgeteilt, daß sie im April die Hallen mit weiteren 4 Millionen Grundschuld belastet hatte.
Daß Grunau für seine derzeitigen 85.000 Quadratmeter AG-Weser-Fläche die Pacht nicht bezahlt, räumt die „Nicht-Vorlage“ freimütig ein. Ende 1992 seien das 1,5 Millionen Mietrückstände gewesen - „nach Saldierung mit Gegenforderungen“, also in Wahrheit wesentlich mehr. Wieviel Pacht Grunau bis heute schuldig ist, sagt das Nicht-Papier nicht. Aufgelaufene Zinsen werden höflich übergangen.
Auf diese 1,5 Millionen soll die Stadtgemeinde nach dem Nicht- Papier verzichten, wenn Grunau im Gegenzug auf Forderungen in Höhe von ca. 500.000 Mark verzichtet. Allein für seine „Planungsleistung für die Firma Zeppelin“ machte Grunau 220.000 Mark an Forderungen geltend, die das Wirtschaftsressort offenbar anerkennt. Grunau-Anwealt Schiummelpfenning verweist derweil stolz darauf, daß er für diese Planungskosten von der Firma Zeppelin in einem Zivilverfahren 300.000 Mark herausgeholt habe.
„Zusammenfassend“ stellt das Nicht-Papier zusammen, was Bremen jetzt „kurzfristig“ und „im Zusammenhang mit dem vorgelegten Vertragsentwuf zur notwendigen Umstrukturierung zur Verfügung stellen muß“: 16,8 Millionen.
Das Wort „kurzfristig“ verweist darauf, daß da etwas nachkommen wird: Wenn es wieder eine Idee gibt, was aus dem AG- Weser-Gelände edann werden soll, nachdem Grunau und die Sparkasse herausgekauft ist, dann werden neue Investitionen auf ein neues Konzept erforderlich. „So ist das“, hatte Staatsrat Haller gegenpüber Buten&Binnen dazu gesagt.
K.W.
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