Ärger um die Flüchtlingsunterkunft

■ Sozialverwaltung hält Bezirksamt Schöneberg für unkooperativ / In Mitte und Tempelhof freie Flüchtlingsbetten

Anfang der Woche zweckentfremdete das Bezirksamt Schöneberg die Turnhalle des Friedrich- List-Oberstufenzentrums zu einer Notunterkunft für Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien (siehe taz vom 8.12.). Gegen diese „Planungsunfähigkeit“ des Sozialstadtrats Gerhard Lawrentz (CDU) protestierte gestern die Sozialverwaltung beim Schöneberger Bezirksbürgermeister Uwe Saager (SPD). Turnhallen seien keine geeigneten Unterkünfte, schrieb sie und wies darauf hin, daß das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben (LaSoz) den Bezirksämtern, also auch Schöneberg, freie Plätze in Mitte und Tempelhof gemeldet habe. Im übrigen sei die „gegenseitige Hilfe“ bei der Unterbringung von Flüchtlingen „ein längst eingespieltes Verfahren“. Nur Schönebergs Sozialstadtrat wolle dies „nicht praktizieren“.

Der Bezirksbürgermeister Saager wies inzwischen die Kritik zurück. Er habe zwei Tage vor der Requirierung der Turnhalle mit Armin Tschoepe, Staatssekretär bei der Sozialverwaltung, über die Notlage gesprochen und die Antwort „Zur Zeit könne er nichts machen“ erhalten. Daß das LaSoz über freie Plätze verfüge, habe er erst gestern erfahren. Inzwischen habe sein Sozialstadtrat Lawrentz Kontakt mit dem Bezirk Tempelhof aufgenommen, der mit einer „vorübergehenden“ Belegung einverstanden sei. Priorität hätten aber die Verhandlungen mit dem Land Brandenburg über die Einrichtung von Flüchtlingsheimen entlang der S-Bahn-Strecke. Eine positive Entscheidung könnte in den nächsten Tagen fallen. „Wir wollen die Turnhalle so schnell wie möglich an die Schule zurückgeben“, versprach Saager. Zur Zeit sind diese Notunterkünfte in der Apostel-Paulus-Straße mit offiziell 50 Personen voll belegt, tatsächlich würden dort aber nur zehn Personen übernachten, wußte er.

Kritik an der Sozialverwaltung übte gestern auch Thomas Seering, ausländerpolitischer Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus. Im Asylbewerberheim Leonorenstraße in Lankwitz seien seit Wochen mehr als zehn Prozent der Plätze unbelegt. Damit „verletzte das LaSoz seine Fürsorgepflicht gegenüber den Flüchtlingen“, heißt es in einer Erklärung. Um dieses Heim gibt es schon lange Streit, denn es soll am 31. März 1994 geschlossen werden. Die Sozialverwaltung argumentiert mit einem auslaufenden Pachtvertrag und mit dem Wunsch des Klinikums Steglitzes, das Wohnheim für die Unterbringung von Schwesternschülerinnen zu nutzen. Gegen die Vertreibung der Flüchtlinge und ihre Verteilung auf verschiedene Bezirke protestieren seit Wochen Anwohner und vor allem die SchülerInnen der Fichtenberg- Oberschule. Das Heim sei ein Modell für eine geglückte Nachbarschaftshilfe, sagen sie. Die Kinder seien in den umliegenden Schulen gut integriert, und die hauseigenen Einrichtungen, wie Kindergarten und Behindertenbetreuung, seien vorbildlich. Die Flüchtlings-AG der Fichtenberg-Schule und der FU fürchten, daß die Bewohner in NVA-Kasernen ins Berliner Umland abgeschoben werden. Anita Kugler