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Die Junge Union stählt ihren neuen Vorstand

■ Landeskonferenz des CDU-Nachwuchses wählt rechten Vorstand / Reformer verzichteten auf eigene Kandidaten

Einen Beitrag für „klare politische Positionen“ hatte der Vorsitzende des Berliner CDU-Nachwuchses, Heiner Kausch, den Delegierten der jüngsten Landeskonferenz in seiner schriftlichen Einladung mit auf den Weg gegeben. Am Samstag abend konnten zumindest die Anhänger des rechts- konservativen Kurses innerhalb der Jungen Union (JU) zufrieden nach Hause fahren. Mit deutlicher Mehrheit hatten die 163 Delegierten im Spandauer „Schützenhof“ drei Vertreter ihres Lagers in den Landesvorstand gewählt. Die Nachwahl war notwendig geworden, nachdem auf einer turbulent verlaufenen Landeskonferenz am 17. Oktober zwei Reformer ihr kurz zuvor erworbenes Amt im Landesvorstand wieder zurückgegeben hatten.

Im Gegensatz zur letzten Landeskonferenz verzichteten die Liberalen innerhalb der JU diesmal gänzlich auf die Aufstellung eigener Kandidaten. Schon im Vorfeld waren sie mit ihrer Forderung gescheitert, statt drei nunmehr vier Posten im elfköpfigen Vorstand zu erhalten. Ein Ansinnen, das die Rechten JUler als Erpressungsversuch werteten und ablehnten. „Ich bin persönlich über die Abwesenheit der Reformer unglücklich, aber von ihrer Seite aus sind alle Vermittlungsversuche abgelehnt worden“, rechtfertigte Kausch die durchweg konservative Zusammensetzung des neuen Landesvorstandes.

Die Liberalen hatten auf der Landeskonferenz einen einsamen Stand. Immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen wurde die Forderung des Reformers Ferdinand Schuster, sich vom „Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis“ (VPM) deutlich abzugrenzen. Mindestens ein Mitglied des Landesvorstandes versuche, den VPM bei der Jugendorganisation „hoffähig“ zu machen.

Schuster berichtete den Delegierten von Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit dem von Kritikern als „Psychosekte“ eingestuften VPM. Noch zwei Tage vor der Landeskonferenz habe ihn ein Universitätspsychologe telefonisch gebeten, seinen Antrag – mit dem ein Unvereinbarkeitsbeschluß der JU gegenüber dem VPM erreicht werden soll – zurückzuziehen. Zumindest indirekt war dem Anrufer Erfolg beschieden: Schusters Papier, während der Landeskonferenz erst auf Druck der Reformer in die Antragsmappe aufgenommen, wurde an den Landesausschuß weiterverwiesen.

Wie weit rechts-konservative Positionen beim CDU-Nachwuchs Anklang finden, verdeutlichte auch die Kritik des Charlottenburger Delegierten Tim Warnholz an der Politik des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU- Bundestagsfraktion, Heiner Geißler. Dessen Vision einer multikulturellen Gesellschaft koste die CDU zehn Stimmen, wo „die Partei eine gewinnt“. Es müsse Schluß sein mit dem „linksliberalen Weicheiergesülze“, an den Schulen solle die JU wieder ein Angebot für jene sein, die von linken Antifa-Gruppen „die Schnauze voll haben“, so Warnholz unter starkem Beifall.

Bei dieser Stimmungslage blieb es kaum verwunderlich, daß schließlich auch ein Antrag gegen Rechts- und Linksextremismus angenommen wurde, der „nationale Identität“ als „Völker- und Menschenrecht“ für alle Deutschen forderte. Auch ein Passus zur Reichskriegsflagge fand sich darin wieder; sie ist in Berlin inzwischen verboten. Zwar wird nun nicht mehr die Rücknahme dieses Verbots verlangt – wie es noch in einem gesonderten Antrag im Oktober geheißen hatte. Dennoch bleibt die Mehrheit der JU dabei: Das Verbot historisch „nicht belasteter Symbole“ wie die Reichskriegsflagge, die „lediglich von extremistischen Gruppen mißbraucht werde“, halte man für „sinnlos“. Klare Worte fand der stellvertretende Bundesvorsitzende Michael Hahn, 24, Ostberliner und Anhänger des Reformerflügels im Landesverband. Er sei enttäuscht darüber, „daß Leute mit deutlich rechten Positionen und ,Mein Kampf‘- Diktion im Landesverband geduldet werden“. Severin Weiland

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