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■ SoundcheckRaw Stylus / David Murray & Dave Burrell/John Surman Quartet

Gehört: Raw Stylus. Warum hört man Musik aus längst vergangenen Jahrhunderten? Sind es Kindheitserinnerungen? Ist es die Sehnsucht nach einer Zeit, die im verklärten Blick gesünder erscheint als die 90er? Fragen, die am Sonntag bei Raw Stylus im nahezu ausverkauften Mojo-Club auf taube Ohren gestoßen wären. Eine Reihe von Glücklichmachern purzelte auf das Publikum ein. Das hatte Melodie, das hatte Seele, äh Soul. Das gefiel. Und doch spielten Raw Stylus nur einige Street-Soul-Standards wie „Use Me“ von Bill Withers nach, ohne irgendetwas hinzuzufügen. Dazu stand die Sängerin Donna Gardier wie durch ein Zeitloch auf die Bühne gefallen in einem weißen Fummel mit reichlich Bauchfreiheit ihr Becken drehend. Soul, der eingefroren wird in längst akzeptierte Standards, verliert all die produktive Energie des Aufschreis, für die Soul einmal berüchtigt war. Das einzige, was Raw Stylus von den unzähligen auf dem Land dümpelndenSoul & Funk-Kapellen unterschied, waren die fünf versierten Studiomusiker aus dem großen Ringelreihen der Londoner Soulszene wie der Drummer Missingham

Volker Marquardt

Heute Abend: David Murray & Dave Burrell/John Surman Quartet. Die Bassklarinette , das melancholisch-heitere Instrument mit der Form eines kurzgeratenen Alphorns ist eine seltene Erscheinung im Jazzhimmel. Die Free-Jazz-Welle brachte es in den Club. Eric Dolphy machte es berühmt und bestritt seine legendären musikalischen Konversationenen mit Charles Mingus damit. Zwei der wenigen Bläser, die die Bassklarinette noch pflegen sind David Murray und John Surman. Der Kalifornier Murray arbeitet mit der Intensität einer Ameise. Seine frei strukturierten und melodischen Soli sind in über hundert Aufnahmen erhältlich. Begleitet wird er vom Pianisten Dave Burell. Den zweiten Teil bestreitet mit John Surman eines der Zugpferde von ECM. Im Quartett des Briten mit der innovativen Spieltechnik drückt John Taylor auf die schwarz-weissen Tasten. Nikos Theodorakopulos

Außerdem: Station 17, das vitale Miteinander von Behinderten und Nicht-Behinderten in der freien Sprache der Musik, ist fantastisch. Phoneme und Groove, verdrehte Erinnerung und klanglicher Spaß auf wechselnden Positionen, und nichts von schrecklichem Pädagogen-Krampf. Im Rahmen der Hörproben und demnächst beim NDR.

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