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Demokratie-Trick gegen Umweltschützer

■ 500 PapenburgerInnen wollen mit Masseneintritten die Emspolitik des BUND von innen kippen

Als begeisterter Umweltschützer ist der CDU-Bürgermeister des emsländischen Papenburg, Heinrich Hövelmann, bislang nicht in Erscheinung getreten. Trotzdem – oder gerade deshalb – will er sich jetzt seine Mitgliedschaft im „Bund für Umwelt- und Naturschutz“ (BUND) bei Gericht erklagen. Der BUND dagegen, sonst für jedes zahlende Mitglied dankbar, wehrt sich gegen Hövelmann mit Händen und Füßen. Denn der Bürgermeister kommt nicht allein: Insgesamt 490 Beitrittserklärungen aus Papenburg liegen beim BUND, der in der ganzen Kreisgruppe Emsland nur etwa 500 Mitglieder hat. Mit einem „Marsch durch die Institutionen“ wollen Hövelmann und seine Leute den BUND Emsland auf Kurs bringen und ihm das Protestieren gegen die Emsvertiefung abgewöhnen.

PapenburgerInnen und BUND-Naturschützer kennen sich aus vielen langen Kontroversen um die Emsvertiefung. Die Meyer-Werft, größter Arbeitgeber in Papenburg und Umland, baut so große Kreuzfahrtschiffe, daß für ihre Auslieferung regelmäßig die Ems ausgebaggert wrden muß. Der BUND protestiert seit Jahr und Tag dagegen. Die Meyer-Werft und die Papenburger PolitikerInnen werfen dem BUND vor, mit seinen Klagen die Arbeitsplätze der gesamten Region zu gefährden. Weil gute Worte nicht halfen, verlegte sich Bürgermeister Hövelmann auf den Demokratie-Trick: „Hinein in den BUND“ war seine Devise, um von innen die Beschlüsse zur Emsvertiefung zu kippen.

Der BUND schickte die Beitrittserklärungen umgehend zurück. Den Briefen liegt eine Erklärung bei, die für eine erfolgreiche Bewerbung um Aufnahme unterzeichnet zurückgeschickt werden muß: „Ich unterstütze den BUND dabei, die Vertiefung der Ems und die Mercedes-Teststrecke bei Papenburg zu verhindern“. Denn die UmweltschützerInnen vermuten nicht ganz zu Unrecht, daß die Papenburger BewerberInnen „nicht mit unseren satzungsmäßigen Zielen übereinstimmen“, sagt Robert Exner vom BUND.

„Tun wir doch!“,ruft Schlitzohr Hövelmann. Die BUND-Satzung mit ihren allgemeinen Umweltschutzzielen kann er mit gutem Gewissen unterschreiben. „Aber es geht nicht, daß wir auf bestimmte Vorstandsbeschlüsse festgelegt werden sollen. Damit wird der BUND zur Kaderpartei. Diejenigen, die den Marsch durch die Institutionen hinter sich haben, wollen jetzt verhindern, daß andere das gleiche tun.“ Hövelmann beruft sich darauf, daß der BUND schließlich ein nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes anerkannter Verein sei. In der Bestimmung steht, daß nur ein Verein anerkannt wird, der „den Eintritt jedermann ermöglicht, der die Ziele des Vereins unterstützt.“

„Das wäre ja noch schöner“, heißt es aus der BUND-Kreisgruppe Emsland, wenn sich ein Verein gegen eine Übernahme durch Andersgesinnte nicht wehren könne. „Dann können wir nur noch Sachen machen, die keinem wehtun.“ Auch Klaus Roth-Stielow, Verbandsjurist des BUND, will bei der Frage die „besondere Vorgeschichte“ des Falles berücksichtigt wissen. „Die Leute treten ja schon mit einer bestimmten Zielrichtung ein.“ Und wer nur eintreten wolle, um Vorstandsentscheidungen zu revidieren, müsse nicht aufgenommen werden, meint der Jurist. Oder er werde dann halt wegen „vereinsschädigendem Verhalten“ wieder rausgeworfen. Bernhard Pötter

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