: Länderfusion in der Schwebe
■ Zeitplan für Vereinigungsverhandlungen wird nicht eingehalten / Vor allem die Finanzverteilung ist noch strittig
Der Entwurf für den Staatsvertrag über die Neugliederung der Länder Berlin und Brandenburg wird nicht, wie vorgesehen, am 21. Dezember unterzeichnet werden. Wesentliche Punkte, vor allem die Verteilung der Finanzen zwischen der künftigen Kommune Berlin und dem dann gemeinsamen Bundesland waren bis zuletzt strittig. Dieser Punkt soll nun Anfang Januar in einem Spitzengespräch zwischen den beiden Finanzministern Kühlbacher (SPD) und Pieroth (CDU) sowie den beiden Ministerpräsidenten Eberhard Diepgen (CDU) und Manfred Stolpe (SPD) erörtert werden. Wie Diepgen gestern erklärte, sollen dann „Eckpunkte“ festgelegt werden. Der gesamte Gesetzentwurf soll nun, nach Diepgens Willen, im ersten Quartal des kommenden Jahres den beiden Länderparlamenten vorgelegt werden. Allerdings ist diese Terminplanung nicht mit Stolpe abgestimmt.
Die Vorlage des Neugliederungsvertrages im Dezember war bereits im letzten Jahr beschlossen worden, doch war ein Scheitern schon seit längerem absehbar. Vor allem über die Verteilung der Einnahmen und Ausgaben sowie über die gemeinsame Verfassung bestanden erhebliche Differenzen. In einem gemeinsamen Gespräch einigten sich Diepgen und Stolpe am Wochenende darauf, daß Berlin eine eigene Magistratsverfassung erhalten soll, während in Brandenburg eine Komunalverfassung gilt. Danach sollen der Oberbürgermeister und die Bürgermeister künftig direkt gewählt werden, die Bezirke werden „rechtlich unselbständige Teile der Gesamtstadt“. Weiterhin beschloß man, daß die Verfassung von einem paritätisch besetzten Ausschuß der beiden Landesparlamente bis zum 30. Juni 1997 erarbeitet werden soll. Diese muß von jeweils mindestens zwei Dritteln der Parlamentarier beschlossen werden und im gemeinsamen Bundesland durch Volksentscheid in Kraft gesetzt werden. In eine Präambel des Staatsvertrages sollen eine Reihe von progressiven Staatszielbestimmungen der brandenburgischen Verfassung wie das Recht auf ausreichenden Wohnraum und hohen Beschäftigungsstand aufgenommen werden.
Am Freitag soll der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder ein Gesetzespaket vorgelegt werden, wonach Berlin auch im gemeinsamen Bundesland die finanzielle Besserstellung eines Stadtstaates im Rahmen des Länderfinanzausgleichs behält. Die Länderchefs hatten einer zeitweisen finanziellen Besserstellung des fusionierten Landes bereits ihre generelle Zustimmung erteilt. Die zwischen der künftigen Kommune Berlin und dem Land strittige Summe wird mit 12 Milliarden Mark pro Jahr beziffert. Dieter Rulff
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