Unterm Strich

Oma Meumes Wolf, der Biermann und preußische Ikarus, hat am Montag abend den Düsseldorfer Heinrich-Heine-Preis entgegengenommen. Der Preis wird an „Persönlichkeiten verliehen, die durch ihr geistiges Schaffen [...] den sozialen und politischen Fortschritt fördern“. Die Jury votierte für Biermann, weil er mit „poetischer Kraft“ und „ohne jede Rücksicht auf seine persönliche Lage“ unerschrocken Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen geübt hat. Ohne jede Rücksicht auf seine persönliche Lage hat Wolf Biermann jetzt jedenfalls auch den Verzicht auf seine alte Wohnung in der Berliner Chausseestraße erklärt und unerschrocken kritisiert, diese Wohnung sei ja ein „Stasi-versyphtes Loch“.

Das „Familientreffen“ in Erinnerung an Wolfgang Neuss stürzte unseren dpa-Lieblingsmitarbeiter Wilfried Mommert in arge Verwirrung. Irgendwie fand er es ja offenbar ganz nett, das Treffen alter Neuss-Kollegen und junger Neuss-Fans in der Berliner Akademie der Künste. Für die einen, stellt er fest, geriet die Veranstaltung zum „Mumienabend“, weil soviel von alten Zeiten die Rede war. Mit Hilfe der jüngeren Generation löste sie sich „gegen Mitternacht in Rauchschwaden auf, die verdächtig nach Joint rochen.“ Ja wie riecht er denn nun, ein Joint? So nach Papier vielleicht? Nach grau sich kräuselndem Rauch? Oder vielleicht doch ganz einfach nach Haschisch? Herr Mommert, haben Sie etwa mitgekifft?!

Kulturpolitische Meldungen sind derzeit ja grundsätzlich horrifizierend. Wegen Zuschußstreichungen wird zum Beispiel derzeit über eine Fusion der Opernhäuser von Wuppertal und Hagen nachgedacht. Ob man sich diese eher finanziell-ideell im Sinne reduzierter Spielpläne vorzustellen hat oder als materiell-reales Verschwinden einer der beiden Spielstätten, ist, kurz gesagt, noch nicht raus. Weiterhin hat die Bundesregierung – nach Ansicht von Konrad Weiß (Bündnis 90/ Grüne) – ihre Bestandsgarantie für die ostdeutsche Kultur gebrochen. Sie will nach dreijähriger Übergangsfinanzierung ab 1994 keine weiteren Fördermittel mehr für die dortigen Kultureinrichtungen aus Bundesmitteln, aber 250 Millionen Mark aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der DDR zur Verfügung stellen. Das erscheint dem ostdeutschen CDU-Abgeordneten Rainer Jorg allerdings fragwürdig, weil dieses Geld den Ostdeutschen ohnehin gehöre. Und nun zur Entspannung: Der Besucherrückgang in deutschen Museen ist gestoppt. 93 Millionen Menschen strömten 1992 in die diversen Häuser – gegenüber 1991 ein Anstieg um 0,7 Prozent bzw. 600.000 Besucher. Beruhigend auch, zu wissen, daß es ein furchtloses, europäisches Völkchen gibt, das sich tapfer gegen die Zumutungen der Gatt- Verträge wehrt. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums gab jetzt bekannt, Paris sei in keinster Weise kompromißbereit. Continuez!