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Man will ja auch mal fertig werden

■ B. Jub Mönster illustriert Bücher und ist doch ein Fummler - „mal plan gesprochen“

Es gibt Wandbildmaler, die haben einen Sinn für's Feine und für's Kleine. Der Bremer Maler B. Jub Mönster ist so einer. Zum Ausgleich für riesige Hauswände, die er im Außendienst künstlerisch bemalt, und zur Ölmalerei im Atelier, greift er gerne mal zum Bleistift. Und verdient sich ein kleines künstlerisches Zubrot als Buchillustrator – und vielleicht irgendwann einen großen Namen. Aber diesen Wunsch verbirgt er hinter anderen Sätzen, und hinter einem Kinderbuchprojekt in-spe. „Eines, in dem das Bild genauso wichtig ist, wie der Text“.

Ungefähr zehn Bücher hat Jub Mönster schon illustriert. Manche davon würde er heute allerdings nicht mehr in Auftrag nehmen. „Aber man kann sich das am Anfang nicht alles aussuchen.“ Mit seiner letzten Arbeit ist der Illustrator jedoch sehr zufrieden - und immerhin erhielt das Buch den „Luchs-Preis“ der Wochenzeitung „Zeit“.

„Soheila oder Ein Himmel aus Glas“ heißt das Jugendbuch, das von der Freundschaft zwischen Salim, einem Schweizer Jungen arabischer Herkunft, und dem Flüchtlingsmädchen Soheila handelt. Der Autor Hansjörg Betschart, in Bremen auch durch seine „Medea“-Inszenierung am hiesigen Schauspielhaus bekannt, schildert die Geschichte aus der Perspektive des Jungen Salim.

Dem Salim paßte die Freundschaft mit Soheila zuerst gar nicht. Denn welcher zwölfjährige Junge will schon mit einem Mädchen befreundet sein? Noch dazu mit einem, das ihn zum Heulen bringt – und damit seinen Nicht-Wein-Rekord von zwei Jahren und elf kaputtmacht.

Aber – muß ein Illustrator die Buchgeschichte eigentlich ganz genau kennen und womöglich nachfühlen können? „Natürlich“, findet Jub Mönster. Aber dann wird er sogleich sachlich: Wenn ein Buch mit 80 Seiten Text schließlich 20 Bilder bekommen soll, dann muß man es einfach genau lesen. Denn, „mal plan gesprochen“, erscheint alle vier Seiten eine Illustration.

Außerdem ist ihm das Buch die einzige Vorlage für die Illustrationen. Deshalb liest er den Text wie ein „Drehbuch“, zu dem er anschließend seine „Modelle“ auswählt. Ja, Modelle. Denn Jub Mönster ist kein spontaner Illustrator, keiner, der etwa schlichte Umrißskizzen aus dem Handgelenk entwirft. „Obwohl sich eigentlich nur das lohnt“. Nein, das hat er doch schon gesagt, er ist ein Fummler – eben einer der's genau nimmt. „Zu genau manchmal“, gibt er zu und ergänzt, daß er sich damit bisweilen selbst im Weg steht. „Die Buchillustration ist ja eine Auftragsarbeit“ - mit der will man ja auch mal fertig werden.

Drei bis vier Wochen arbeitete Mönsters an „Soheila“, „inklusive Modellsuche“. Denn seine Illustrationsfiguren sind keine erfundenen Personen, Jub Mönster sucht sie vielmehr im wirklichen Leben – und findet sie zum Beispiel in Jugendfreizeitheimen.

Da traf er jedenfalls seine Soheila und seinen Selim, die ihm für Fotos posierten – die Grundlage seiner „fotorealistischen“ Illustrationen. So nennt der Künstler seinen Stil: Nicht ganz Foto, nicht ganz frei erfunden „schwimmt“ er zwischen zeichnerischer Fiktion und erlebter Wirklichkeit, Regisseur und Mischpult zugleich. Denn mit den Kindermodellen spricht er über das Buch und die Szenen, die er mit ihnen stellt. Und nach den Fotos illustriert er – auch wenn er die Vorlage bisweilen verändert oder ergänzt. Die Ratte zum Beispiel auf Soheilas Schulter saß da in Wirklichkeit nie.

Trotz 30 Schubladen voll mit Fotos und Bildausschnitten, Jub Mönsters bleibt Realist. Nur selten greift er in die Laden, um die Bilder als Hintergrund zu verwenden. Seine Eingriffe beschränken sich auf die Notwendigkeit: „Ich konnte dem Mädchen doch keine Ratte auf die Schulter setzen.“

Und mit Computer braucht ihm niemand zu kommen. Daß seine Fotovorlagen sich per elektronischer Bearbeitung viel leichter in „fotorealistische“ Illustrationen verwandeln ließen, schert ihn nicht. Da ist er selbstbewußt, denn: „Das könnte man doch gegen alle Malerei einwenden.“ ede

Das Buch „Soheila oder Ein Himmel aus Glas“ erschien im Verlag Nagel & Kimche

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