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Medienpädagogischer Unterhaltungssender

■ Der Offene Kanal zieht Bilanz / Das Bürgermedium bleibt ohne Vorzensur

Als Hätschelkind der Politik, befrachtet mit medienpädagogischen Erwartungen, ging Hamburgs Offener Kanal unter der Trägerschaft der Hamburger Anstalt für neue Medien (HAM) vor fünf Jahren auf Sendung. Mittlerweile hat sich die „einstige Kopfgeburt für bürgernahe Medien“, so HAM-Direktor Helmut Haeckel, zum größten alternativen Hörfunk- und Fernsehsender in der BRD gemausert.

In einer 166 Seiten starken Broschüre stellte Haeckel gestern die bilanzierende Studie vor. Neun Angestellte arbeiten für den Offenen Kanal, rund 1,4 Millionen Mark kostet das Bürgermedium. Journalistik-Professor Otfried Jarren, Leiter der Studie: „Die Trägerschaft der HAM hat sich bewährt. Wichtig bleibt Flexibiltät in der Struktur des Senders, wie zum Beispiel die Einrichtung fester Sendezeiten.“ Damit habe man den Wünschen der Nutzer entsprochen und ihnen eine Möglichkeit gegeben, ein Publikum zu finden.

Das Programm hat sich gewandelt, von politischen hin zu sozio-kulturellen Schwerpunkten mit Unterhaltungselementen. Der „Durchschnitts-Nutzer“ ist „jung, männlich, gebildet und arbeitet in Gruppen“. Die Öffentlichkeitsarbeit des Offenen Kanals ist jedoch zu dürftig, fanden die Wissenschaftler heraus. Zwar stellten sie bei befragten Experten aus Politik, Kultur, Wirtschaft oder Journalismus eine hohe Akzeptanz des Mediums fest, doch „viele kennen die Sendungen gar nicht“, so Jarren.

Von Montag bis Sonnabend wird beim Offenen Kanal gesendet, die Zeiten liegen zwischen 17 Uhr und 23 Uhr. 10.000 Hörfunk- und Fernsehproduktionen wurden von rund 14.000 Bürgern hergestellt. Die Nutzer arbeiten selbstbestimmt. Die HAM-Mitarbeiter klären lediglich in einem Einführungsgespräch über das Medienrecht auf.

An dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit will HAM-Direktor Haeckel auch nach dem „Nackedei-Skandal“ vom vergangenen Montag nicht rütteln: „Wir wollen die Freiheit der Selbstverantwortung nicht einschränken. Eine Vorzensur der Sendungen durch die HAM wird es nicht geben.“ wie

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