Vogel versus Saga 7:3

■ Ein taz-Kommentar und seine Folgen: Oberlandesgericht erlaubt dem Immobilienmogul, weiter über die SAGA zu lästern   Von Uli Exner

Zu berichten ist einmal mehr über den Dauer-Hahnenkampf zwischen Hamburgs größten Wohnungsgebern, den ungleichen Parade-Gockeln der hiesigen Immobilienwirtschaft, allzeit bereit, in den Clinch zu gehen und sich so das - ohnehin schon arg zerrupfte - Federkleid zu zerzausen.

Wer genauer hinschaut, könnte gar den Eindruck gewinnen, hier wird - gleichsam im Stellvertreterkrieg - noch einmal die große gesellschaftliche Auseinandersetzung des Jahrhunderts nachvollzogen. Kapitalismus contra Sozialismus, AG gegen VEB. Aber - bei allem Respekt vor beiden Kontrahenten - das wäre dann doch zu hoch gegriffen. Auch wenn, im aktuellen Fall, das Ergebnis doch ein ähnliches ist.

Mit 7 : 3 setzte sich nämlich im rechtsstaatlich organisierten Kampf der Vertreter des Kapitals, Immobilienmogul Robert Vogel, gegen das städtische Wohnungsbau-Unternehmen Saga durch. Und das - sollen wir uns an dieser Stelle schämen? - mittels eines taz-Kommentars.

Ausgerechnet in unserem, dem Privatkapital nach wie vor nicht sonderlich verpflichteten Blatt nämlich hatte Vogel am 29. Februar 1992 in einem Gastkommentar Folgendes plazieren können: „Über das stadteigene WohnungsunternehmenSaga, die Gesellschaft, wo die Farbe von der Decke kommt, wundert sich schon lange niemand mehr (...).“

Wegen dieser und vier weiterer von der taz verbreiteten Anmerkungen Vogels hatte die Saga auf Unterlassung geklagt. Schließlich, so teilten Sagas Rechtsvertreter zunächst dem Landgericht, dann dem Hanseatischen Oberlandesgericht mit, komme „weder in ihrem Bürohaus noch in den von der Saga vermieteten die Farbe von der Decke“. Außerdem, so hätte man hinzufügen mögen, befinden wir uns schließlich nicht in Deutschland-Ost, dem realsozialistisch gebeutelten, sondern in Hamburg, dem von dessen kapitalistischer Restaurierung profitierenden.

Auf eine derart gesamtgesellschaftliche Sichtweise wollten sich allerdings weder die Saga noch Robert Vogel und schon lange nicht der Dritte Zivilsenat des Oberlandesgerichts einlassen. Dieser griff, insoweit eher schlicht, nach langem Wägen zum bundesdeutschen Medienrecht und erklärte Vogels Saga-Attacke mit Urteil vom 2. Dezember zur erlaubten „Meinungsäußerung“, zu einer „bloßen Metapher für den von Vogel angenommenen unbefriedigenden Zustand der genannten Räumlichkeiten“. Zu einer ähnlichen Bewertung kommt der Senat bei zwei weiteren Vogel-Zitaten, in zwei anderen Fällen gibt er der Saga recht. Unterm Strich ermittelten die Richter, abzulesen an der Prozeßkostenverteilung, ein Ergebnis von 7 : 3 für Vogel, der uns gestern dieses Urteil stolz übermittelte.

Bleibt uns der Hinweis und der Saga der Trost, daß das Hamburger Volk zwischenzeitlich ein ganz anderes, sozusagen allerletztinstanzliches Urteil gefällt hat: Vogel flog aus der Bürgerschaft, Saga-Aufsichtsratschef und Bausenator Eugen Wagner darf weiter Decken streichen.