: „Schlanke Hierarchien“
■ Vulkan-Betriebsräte fordern Beteiligung
Mit einer Demonstration durch Bremen Nord haben rund 2.000 Vulkan-Beschäftigte gestern gegen den für 1994 geplanten Abbau von rund 600 Arbeitsplätzen innerhalb des Gesamtkonzerns protestiert. So soll zum Beispiel in Bremen die Malerei geschlossen und die Objektreinigung an Fremdfirmen vergeben werden. Die Demonstranten forderten, dabei auf Entlassungen zu verzichten.
Die Demonstration war die Begleitmusik zu einer Tagung von rund 60 Betriebsrats-Vertretern aller Einzelunternehmen des Vulkan- Konzerns, die gestern in Bremen stattfand. Dabei stellte IG-Metall- Bezirksleiter Frank Teichmüller zwar eine „große Übereinstimmung mit der Vulkan-Geschäftsleitung in den Fragen der Schiffbaupolitik“ fest, kritisierte aber, daß in dem neuentstandenen Konzern noch immer keine ausreichende Einbeziehung der Arbeitnehmer in Investitions- und Rationalisierungsentscheidungen geschaffen sei.
Gestützt wird diese Auffassung von einem umfassenden Gutachten, das die Bremer Arbeiterkammer im Auftrag der IG Metall über die „Neuroganisation des Bremer Werftenverbundes“ gestern vorgelegt hat. Darin werden zahlreiche „Mängel im organisatorischen Ablauf“ der Arbeit in den Vulkan-Betrieben festgestellt. Einer besseren Arbeitsorganisation, die leicht zu „Kosteneinsparungen in Millionenhöhe“ führen könne, stünden „sachlich nicht notwendige Hierarchien entgegen“. Autor Heiner Heseler: „Nach der erfolgreichen Expansionspolitik steht der Vulkan jetzt vor einem großen Problem der internen Reorganisation.“
An diesem Prozeß der Produktivitätssteigerung wollen sich Betriebsräte wie Gewerkschaft beteiligen. „Wir wissen, daß die Einführung einer solchen modernen Arbeitsorganisation auch Auswirkungen auf die Zahl der Arbeitsplätze hat“, versicherte IG-Metall-Chef Teichmüller und forderte gerade deswegen die direkte Beteiligung von Arbeitnehmern an diesem Prozeß. Als Mittel dafür sollten „paritätische Kommissionen zu Arbeitsorganisation, Entlohnung, Alternativer Produktion und Qualifizierung“ für „schlankere Hierarchien“ sorgen. Dort könne dann ohne Tabus auch über einen flexibleren Einsatz aller Arbeitskräfte des Konzerns über enge Berufs- und Betriebsgrenzen hinweg nachgedacht werden.
Kritik gab es von Teichmüller in diesem Zusammenhang daran, daß es im Vulkan-Vorstand noch immer keinen Arbeitsdirektor gibt. „Konzernchef Hennemann hat diese Aufgabe bisher zwar nicht schlecht erfüllt, er hat aber einfach zu viele Hüte auf dem Kopf“, sagte der IG- Metall-Bezirksleiter. Innovative Ideen wie zum Beispiel die Einführung der 35-Stunden-Woche bei VW seien unter diesen Bedingungen beim Vulkan einfach nicht möglich.
Kritik äußerten die Gewerkschafter schließlich auch noch an der Konzernpolitik der letzten Monate. Hier gewinne offenbar „kurzfristiges Renditedenken die Oberhand“ bis hin zum „Bruch von Tarifverträgen“ in einzelnen kleineren Vulkan-Firmen. Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen