Polizei wollte Iranerin in Schleier zwingen

■ Bremerhavens Ausländerbehörde brauchte ein Foto für Abschiebe-Paß der iranischen Botschaft

„Die Bremerhavener Ausländerbehörde hat auf Wunsch der iranischen Botschaft eine Asylbewerberin gezwungen, zur Anfertigung von Paßfotos einen Schleier zu tragen. Als diese sich wehrte und sich weigerte, den Schleier zu tragen, wurde sie festgenommen und bedroht.“ Dies erklärte gestern der Bremer Anwalt der iranischen Asylbewerberin Mojgan M., Karim Popal, gegenüber der Presse.

Der Fall hatte sich bereits im November ereignet. Mojgan M., seit zweieinhalb Jahren in Deutschland, hatte sich nach Angaben Popals zur Bremerhavener Ausländerbehörde begeben, um dort ihre Aufenthaltsgestattung verlängern zu lassen. Ihr Asylantrag war zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgelehnt. Bei der Behörde habe man sie zunächst ohne Erklärung warten lassen, habe die Iranerin dann in einen anderen Raum geführt, in dem sich ein weiterer Beamter sowie ein Fotograf aufhielten, berichtete der Anwalt. Hier sei der Frau erklärt worden, daß man ein Foto von ihr machen müsse und zwar mit einem im Iran für Frauen vorgeschriebenen Kopftuch. Da ein solches nicht vorhanden war, sollte sie ihren eigenen Schal benutzen.

Als sich M. weigerte, sich zu verschleiern, sei sie festgenommen und auf das Polizeipräsidium gebracht worden. Hier habe man der Verhafteten eröffnet, man brauche das Foto für einen Ausweis, um sie abschieben zu können. Erst nachdem der Bremer Anwalt eingeschaltet worden war, sei die Asylbewerberin nach zweistündigem Freiheitsentzug entlassen worden. „Die Ausländerbehörde behauptete mir gegenüber“, so Popal, „es gebe einen rechtskräftigen Ablehnungsbescheid, der auch ordentlich zugestellt wurde.“ Später habe man diese Behauptung allerdings wieder zurückziehen müssen.

Ein Verstoß gegen die islamische Verschleierungsvorschrift, die „Hedjab“ führe im Iran zunächst zu einer Verwarnung, bei Wiederholung in der Regel zur Bestrafung mit 30 Peitschenhieben. Wie der Bremer Anwalt erläuterte, setze nach dem dritten Fall eine politisch motivierte Verfolgung ein: „Die Frauen werden dann verhört, ihre Gesinnung wird als konterrevolutionär eingestuft.“ Insbesondere Frauen, die, wie Mojgan M., studiert haben, leiden unter dieser staatlich-repressiven Bevormundung. Doch auch nach einer Flucht ins Ausland sind sie nicht unbedingt sicher. Durch einen Briefkontakt mit ihrer Mutter weiß Mojgan M., daß im Heimatland einiges Interesse an ihrer Adresse in Deutschland besteht.

Es ist gängige Praxis der deutschen Ausländerbehörden, den für eine Abschiebung notwendigen Paß über die Botschaft des Herkunftslandes zu beschaffen. Von der iranischen Botschaft in Bonn wird dabei regelmäßig die Auflage gemacht, daß Frauen mit einem Kopftuch fotografiert werden müssen. Anwalt Popal: „Es ist sehr fragwürdig, daß die Bremerhavener Ausländerbehörde für die Abschiebung mit der Botschaft eines Landes zusammenarbeitet, das bekannterweise Andersdenkende verfolgt.“ Der besondere Skandal im Fall Mojgan M.: Der Iranerin war im Heimatland nach Verstößen gegen genau diese Kleidungsordnung bereits eine Haftstrafe angedroht worden.

Am vergangenen Mittwoch wurde ihr der Bescheid über die Ablehnung ihres Asylantrages zugestellt. Dagegen wird die Iranerin jetzt klagen. Allein der Umstand, daß sie noch keinen iranischen Paß besitzt, schützt sie währenddessen vor der Abschiebung. André Hesel