: Sparen, sparen, sparen
■ DGB-Bundesvorstand will im LAndesbezirk Berlin-Brandenburg die Rechtsberatung abbauen / Proteste
Kürzlich verordnete der DGB- Vorsitzende Heinz-Werner Meyer dem eigenen Apparat einen rigiden Sparkurs: Rund zehn Prozent der Stellen müßten bis 1996 abgebaut werden. Der eiserne Sparwille der Düsseldorfer Zentrale sorgt jedoch im Landesbezirk Berlin-Brandenburg mittlerweile für Unruhe. Denn ausgerechnet in der überlasteten Rechtsberatung will der geschäftsführende Bundesvorstand den Rotstift ansetzen: 19 befristete Verträge sollen über den 31. Dezember hinaus nicht mehr verlängert werden.
„Da sitzen Menschen am Rhein, die glauben, daß hinter der Elbe die Bundesrepublik endet“, ärgert sich die Landesvorsitzende Christiane Bretz über die Gangart ihrer Düsseldorfer Kollegen. Gerade im Nachbarland Brandenburg sei die Rechtsberatung des DGB besonders gefragt, wie Bretz meint: „Wir beobachten dort verstärkte Tendenzen der Arbeitgeber, mit der Bezahlung unterhalb des Tariflohnes zu gehen.“ Rund 100 Beschäftigte arbeiten in den neun Rechtsstellen des Landesbezirks. An Arbeit mangelt es ihnen nicht: Auf einen Berater in den beiden Rechtsstellen in Berlin entfielen in diesem Jahr rund 400 Fälle, 480 gar in Brandenburg. Damit liege man deutlich über dem Durchschnitt von 350 Fällen pro Rechtsberater in den alten Bundesländern, wie ein Mitarbeiter des DGB-Landesbezirks versichert.
Auf Unmut stößt innerhalb des DBG-Landesbezirks auch der Umstand, daß die Einzelgewerkschaften aus Kostengründen zunehmend den Rechtsschutz auf den Dachverband abwälzen. Ihnen geht es nicht anders als dem DGB: Schwindende Mitgliederzahlen nötigen zu Einsparungen.
Zudem landen auf den Tischen der Rechtsberater immer häufiger kompliziertere und folglich zeitraubendere Fälle. Eingruppierungs- und individuelle Kündigungsschutzverfahren hätten „enorm zugenommen“, so ein Mitarbieter beim DGB in der Keithstraße. Die seit November laufenden Verhandlungen mit dem Bundesvorstand haben bislang nur Teilergebnisse gebracht; das Auslaufen von sechs Verträgen gilt bereits als sicher. Um die zusätzliche Arbeitsbelastung aufzufangen, setzt der DGB in Düsseldorf im kommenden Jahr „auf unkonventionelle Lösungen“, so der Leiter der Organisationsabteilung beim Bundesvorstand, Peter Pletsch. Denkbar seien etwa in dringenden Fällen „zeitweilige Abordnungen“ aus anderen Rechtsstellen des Landesbezirks. Es sei bedauerlich, daß in konjunkturell schlechten Zeiten die Gewerkschaft nicht die Leistungen anbieten könne, die notwendig seien, erklärt Pletsch. Aber am „grundsätzlichen Sparkurs“ führe derzeit kein Weg vorbei. Severin Weiland
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