: Wer arbeiten will ...
■ Stammtischthesen zur Arbeitslosigkeit
These 1: Wenn Erwerbslose weniger Arbeitslosengeld bekämen, würden sie sich mehr um neue Jobs bemühen.
Die traurige Wahrheit: Es gibt keine Jobs, auch nicht genügend schlecht bezahlte. Im Osten kommen statistisch rund 30 Erwerbslose auf eine dem Arbeitsamt gemeldete offene Stelle, im Westen liegt das Verhältnis bei etwa zehn zu eins.
These 2: Man müßte den Akademikern auch mal schlechter bezahlte Jobs zumuten, dann fänden sie schon was.
Gerade bei den Jobs für geringer Qualifizierte ballen sich die BewerberInnen. Ein Beispiel aus der Statistik (West) vom Jahre 1992: Bei den Un- und Angelernten betrug das Verhältnis von Arbeitslosen zu entsprechenden offenen Stellen acht zu eins, bei den Erwerbslosen mit Berufsausbildung dagegen nur knapp fünf zu eins. Eine Herabstufung würde nur zu einer Verdrängung von oben nach unten führen.
These 3: Die Tariflöhne sind zu hoch. Die UnternehmerInnen müßten auch mal weniger bezahlen können, dann würden weniger Jobs ins Ausland verlegt.
Erstens gibt es in Deutschland schon erhebliche Lohnunterschiede, und zweitens sind die Niedriglöhne im Ausland ununterbietbar. So bekommt etwa eine Facharbeiterin in der Bekleidungsindustrie in Ostdeutschland schon einen Ecklohn von nur acht Mark die Stunde – in der Tschechischen Republik sind es dagegen immer noch nur vier Mark.
These 4: Es gibt doch genug Arbeit, zum Beispiel in der Altenpflege. Da müßte man nur Niedriglöhne zulassen, zum Beispiel für Langzeitarbeitslose.
Die niedrig bezahlten Kräfte würden dann mit den tariflich bezahlten PflegerInnen konkurrieren. Die Gefahr einer „Abwärtsspirale“ entstünde: Mies bezahlte HilfsbetreuerInnen könnten dann zum Beispiel gelernte AltenpflegerInnen oder Krankenschwestern in die Arbeitslosigkeit drängen.
BD
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