piwik no script img

Müll sortieren wird nicht belohnt

■ Ein Jahr „Grüner Punkt“: Viele Berliner haben nichts davon, daß die Stadtreinigung Entsorgungskosten spart

Der „Grüne Punkt“ verfehlt seinen Zweck, umweltbewußte Verbraucher finanziell zu belohnen. Um die Industrie zu einer Wiederverwertung und Verminderung von Einwegverpackungen zu bewegen, muß sie seit Januar vergangenen Jahres Abfälle wie Einwegflaschen, Pappkartons und Dosen selbst einsammeln und entsorgen. Doch Haushalte haben in der Regel keinen Geldvorteil davon, daß die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) weniger Hausmüll verbrennen und deponieren müssen. Die Müllgebühren pro Haushalt steigen sogar. Ursache: Die Stadtreinigung gibt ihre Kostenersparnis faktisch nur auf Antrag weiter. Benachteiligt sind insbesondere Bewohner von Mietshäusern.

Dabei waren die Berliner im vergangenen Jahr fleißig gewesen, wenn es darum ging, Altglas und Altpapier sowie Verpackungen in die grünen, roten und gelben Behälter der „Dass“ (Die andere System-Entsorgungs GmbH) zu sortieren. Die 2,6 Millionen Tonnen des gesamten Haus- und Gewerbemülls sowie der Straßenabfälle wurden so um 350.000 Tonnen – knapp ein Sechstel der Gesamtmenge – reduziert. Der Abfall in den grauen kommunalen Tonnen habe entsprechend abgenommen, berichteten „Argus“ (Arbeitsgruppe Umweltstatistik der TU) und die „Dass“ gestern übereinstimmend der taz.

Doch die BSR tauschen größere Behälter gegen kleinere nur dann aus und leeren die grauen Tonnen nur dann seltener, wenn der Hausbesitzer dies dem kommunalen Müllentsorger mitteilt. Die Gebühr für die Abfallentsorgung richtet sich aber nach Größe der Behälter und nach der Anzahl der Entleerungen – nicht nach der Menge des tatsächlich abgeholten Mülls. Während es für Einfamilienhaus-Besitzer recht einfach ist, der Müllabfuhr Änderungen mitzuteilen, ist es gerade für Mieter von Mehrfamilienhäusern aufwendig, die Müllgebühr zu reduzieren. Sie müssen ihrer Hausverwaltung mitteilen, daß weniger Abfall in den Tonnen anfällt – die Verwaltung wiederum muß sich dann an die BSR wenden.

Die Stadtreinigungsbetriebe konnten gestern nicht mitteilen, in welchem Ausmaß die grauen Tonnen bereits reduziert worden sind. Unternehmenssprecherin Sabine Thümler dementierte allerdings, daß die BSR ungerechtfertigt Geld kassierten. Würden die Betriebe auch die gesamten Kosten für die Entsorgung der aussortierten 350.000 Tonnen Altglas, Altpapier und Verpackungen bestreiten müssen, wären die Abfallgebühren zum 1. Januar noch stärker angehoben worden. Die Müllabfuhr wurde zum neuen Jahr um rund ein Zehntel verteuert.

Außerdem müßten in den kommenden Jahren drei Milliarden Mark für die Sanierung der von Berlin benutzten ehemaligen DDR-Deponien aufgebracht werden. Sie riet jedem Kunden, seine Hausverwaltung auf eine Reduzierung der grauen Tonnen zu drängen, sobald diese nicht mehr voll werden. Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen