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Die Revolte in Mexiko weitet sich aus

■ Mindestens hundert Todesopfer Exgouverneur von Chiapas entführt

San Cristóbal (taz/AP/dpa) – Bei den bisher zweitägigen Kämpfen zwischen aufständischen Indios und Regierungstruppen im Süden Mexikos kamen insgesamt mindestens hundert Menschen ums Leben. Die bewaffneten Bauern – Augenzeugen sprechen von vier- bis fünftausend, die Regierungsstellen von etwa 200 Personen – besetzten mehrere Ortschaften im Staat Chiapas. Ihre Anführer berufen sich in Erinnerung an die Revolution von 1910 bis 1917 auf den Volkshelden Emiliano Zapata.

Die Rebellen fordern ein Ende der sozialen Misere der Indianer in Chiapas und wenden sich gegen Übergriffe der Behörden gegen die zu den Mayas gehörenden Lakandonen. Über eingenommene Radiosender und Plakate verbreitete Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN) eine Erklärung an das „Volk von Mexiko: Wir sind das Produkt von 500 Jahren von Kämpfen: erst gegen die Sklaverei im Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien..., danach, um die Absorption durch den nordamerikanischen Expansionismus zu verhindern, alsbald, um unsere Verfassung auszurufen und das französische Imperium aus unserem Territorium zu verbannen... Wir haben nichts, weder eine würdige Behausung noch Land, noch Arbeit, noch Gesundheit, noch Nahrung, noch Bildung.“ Unter Berufung auf den Verfassungsartikel 39 („Alle Staatsgewalt kommt vom Volke und dient seinem Wohlergehen. Das Volk hat zu jeder Zeit das unveräußerliche Recht, die Form seiner Regierung zu wechseln oder zu ändern.“) gab die EZLN eine „Kriegserklärung“ an die Regierung ab, in der sie die Absetzung des mexikanischen Präsidenten Carlos Salinas de Gotari fordert. Man weist außerdem „von vornherein jedweden Versuch zurück, die gerechte Sache unseres Kampfes zu verderben, indem man sie des Rauschgifthandels (...) und des Banditentums bezichtigt“. Die Zapatisten wenden sich auch gegen den am Neujahrstag in Kraft getretenen Vertrag über die Bildung einer Nordamerikanischen Freihandelszone (Nafta) mit den USA und Kanada. Genau eine halbe Stunde nach Inkrafttreten der Vereinbarung knallte es – im äußersten Süden dieser neuen Nordamerikanischen Feihandelszone – zum ersten Mal.

In der Nähe von Comitan wurde der frühere Gouverneur von Chiapas, Absalon Castellanos Dominguez, entführt.

Tagesthema Seite 3

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