: Hamm-Brücher will gegen Herzog antreten
■ FDP uneins über Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten / FDP-Vizechef Gerhardt: Auch Herzog ist wählbar / Uneinigkeit auch beim Großen Lauschangriff
Stuttgart (AFP/dpa/taz) – Die FDP-Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Hildegard Hamm-Brücher, will entschieden um die Nachfolge von Richard von Weizsäcker kämpfen. Auch eine Kandidatur gegen den voraussichtlichen CDU-Kandidaten Roman Herzog im entscheidenden dritten Wahlgang schließt sie nicht aus.
Auf dem Parteitag der baden- württembergischen FDP in Stuttgart erklärte die 72jährige, sie sei aus dem „Vorruhestand in die politische Arena“ zurückgekehrt. Gegenüber den Stuttgarter Nachrichten betonte sie, es gebe nicht den geringsten Zweifel, daß sie am 23. Mai zur Wahl antreten werde. „Für parteitaktische Spielchen sehe ich überhaupt keine Notwendigkeit. Die FDP kann gelassen Kontinuität demonstrieren.“
Dagegen bezeichneten der hessische FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt und der FDP-Bundestagsabgeordnete Detlef Kleinert den Wunschkandidaten der CSU, Verfassungsgerichtspräsident Roman Herzog, als wählbaren Bewerber.
Kleinert sagte der Bild-Zeitung, Herzog sei ein „geeigneter Kandidat“. Das weitere Vorgehen solle in der Koalition intern besprochen werden. „Danach muß entschieden werden, ob es doch noch einen gemeinsamen Kandidaten der Koalition gibt“, betonte der FDP- Rechtsexperte. Gerhardt sagte im Hessischen Rundfunk: „Für mich ist Herr Herzog ein wählbarer Kandidat in einem wirklich dann entscheidenden Wahlgang, und Frau Hamm-Brücher ist für mich auch eine wählbare Kandidatin. Das muß man dann in der Hand der Bundesversammlungsfraktion der FDP belassen.“ Er gehe davon aus, daß die FDP an Hamm-Brücher festhalten werde. Eine endgültige Entscheidung werde wahrscheinlich erst auf der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten getroffen.
Beim heutigen Dreikönigstreffen der Liberalen wird ein klärendes Wort von FDP-Chef Klaus Kinkel erwartet. Von den Delegierten des baden-württembergischen Landesverbands wurde Hamm-Brücher mit viel Beifall bedacht. Auch aus anderen Landesverbänden gab es für ihre Kandidatur Rückendeckung zumindest in den ersten beiden Wahlgängen.
Auch der Kompromißvorschlag von Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU), den Großen Lauschangriff in engen Grenzen zuzulassen, ist innerhalb der FDP weiter umstritten. Kanther hatte in einem Acht-Punkte-Papier unter anderem vorgeschlagen, daß bei einem eng begrenzten Katalog schwerer Straftaten eine Wohnraumüberwachung nach Genehmigung eines Strafrichters zulässig sein soll. Nachdem die FDP-Parteiführung den jüngsten Vorschlägen Kanthers am Dienstag eine strikte Absage erteilt hatte, sprachen sich gestern mehrere FDP- Politiker für eine weitere innerparteiliche Diskussion über das elektronische Abhören von Privaträumen aus. Der frühere FDP-Chef Lambsdorff sagte dem Deutschlandradio Berlin, die FDP sei für durchgreifende Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung, bessere technische Ausstattung der Polizei und bessere Bezahlung. Es sei aber gänzlich überflüssig, „jetzt dieses Nebenthema wieder aufzuwärmen, bei dem wir uns vermutlich ... nicht werden einigen können“. Die FDP habe hier einen Beschluß des Bundesparteitages, „den können wir nicht umstoßen und werden wir nicht umstülpen“.
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