: Burundi: Versöhnungsanlauf der Regierung
■ Wer soll Präsident werden? Angst vor neuen Aktionen des Militärs
Berlin (taz) – Die Bildung einer handlungsfähigen Regierung in Burundi, dessen verfassungsmäßiger Präsident Melchior Ndadaye im vergangenen Oktober von putschenden Militärs ermordet worden war, stößt offenbar auf Schwierigkeiten. Nachdem die Regierungspartei Frodebu, die die Hutu-Bevölkerungsmehrheit vertritt, am Mittwoch den bisherigen Agrarminister Cyprien Ntaryamira als neuen Präsidenten vorgeschlagen hatte, errichteten Anhänger mehrerer kleiner Oppositionsparteien gestern früh Barrikaden auf den Straßen der Hauptstadt Bujumbura und riefen die Bevölkerung zum Streik auf. Während Soldaten und Gendarmen untätig dabeistanden und die Barrikadenbauer nach den Worten eines Beobachters „ein bißchen schützten“, beauftragte die Regierung die Polizei, die Barrikaden zu räumen. Das dürfte sich als schwierig erweisen: die Sicherheitskräfte Burundis sind seit Jahrzehnten von der Tutsi-Minderheit dominiert und haben in der Vergangenheit wenig Anstalten gemacht, Entscheidungen der seit Juni 1993 amtierenden Hutu-Regierung zu respektieren. Ihr Putschversuch im Oktober und die darauffolgenden ethnischen Massaker haben Zehntausende von Menschenleben gefordert und eine Million Burunder, zumeist Hutus, als Flüchtlinge ins Ausland getrieben.
„Die Demonstranten wollen eine Normalisierung des Lebens verhindern“, meinte gestern Burundis Parlamentspräsident und Ex-Außenminister Sylvestre Ntibantunganya gegenüber der taz. „Sie wollen Chaos und Anarchie.“ An einen erneuten Putschversuch glaubt der Politiker, der maßgeblich an den Versuchen einer neuen Regierungsbildung beteiligt ist, jedoch nicht. Seinen Angaben zufolge ist die Lage in der Hauptstadt in den letzten Wochen „ruhig“ gewesen. Ntibantunganya äußerte die Hoffnung, die wichtigste Oppositionspartei Uprona – die ehemalige Staatspartei in den Zeiten der Tutsi-Militärdiktatur – werde sich an der Wahl Ntaryamiras als neuer Staatspräsident durch das Parlament beteiligen. Ntaryamira gilt als „Konsenskandidat“, der eine Versöhnung zwischen Hutus und Tutsis einleiten und ein Wiederaufflammen des Bürgerkrieges verhindern könnte. D.J.
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