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In der Türkei zum Abschuß freigegeben

■ “Focus“-Artikel gegen Mönch wird von türkischen Nationalisten verbreitet und nachgedruckt

Mittwoch nachmittag in der Bremer City: Flugblätter werden verteilt, wie so oft. Aber was da diesmal unter's Bremer Volk gebracht wird, das hat's in sich. Es ist der Artikel aus der jüngsten Ausgabe des „Focus“, der seit vergangenem Montag hohe Wellen geschlagen hatte. Der Grund: In dem Text wird dem Bremer Hochschulrektor Ronald Mönch vorgeworfen, Gelder der Hochschule an die mittlerweile verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK weitergegeben zu haben. Und der Bremer Senat wurde verdächtigt, das PKK-Verbot unterlaufen zu haben. Unterschrieben sind die Flugblätter nicht, aber unter dem Artikel findet sich unscheinbar klein das Signet der Verteiler: Eine Mixtur aus allerlei türkisch-nationalistischen Symbolen. Und damit nicht genug: Der Focus-Artikel wurde mit allen mittlerweile dementierten Falschinformationen schon am Dienstag in türkischen Zeitungen nachgedruckt. Überschrift bei der liberalen „Milliyet“: „Ein deutscher Rektor wie ein PKK-Militanter“. Mönch gestern zur taz: „In der Türkei wäre das wie ein Todesurteil.“

Trotz des ersten Schrecken über die offensichtliche Kampagne – Mönch bleibt gelassen: „Bislang hat es noch nie gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen türkischen Nationalisten und der kurdischen Nationalbewegung gegeben. Und Deutsche sind schon gar nicht angegriffen worden.“ Dabei hätte er allen Grund zur Besorgnis. Die Unterzeichner des Flugblatts sind nicht von Pappe. Zumindest auf der symbolischen Ebene offenbart sich da eine unheimliche Allianz, wie die Recherchen der taz zu Tage fördern. Die drei Halbmonde sind das offizielle Parteisymbol der „Nationalistische Bewegungspartei“ MHP, TAF steht für „Türk Alman Federasyonu“, eine rechtsgerichtete türkisch-nationalistische Vereinigung, die in Bremen allerdings bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist. Der Graue Wolf ist ein weit verbreitetes Symbol für den türkischen Patriotismus, was das Symbol links daneben sein soll, das muß erraten werden. Es könnte sich dabei um einen stilisierten Bundesadler handeln. Im Klartext soll das heißen: Wer sich auch immer in der Öffentlichkeit mit der kurdischen Bewegung einläßt, der bekommt's mit der türkischen nationalistischen Phalanx zu tun.

Die türkischen „Focus“-Nachdrucke in Milliyet und der der Zeitung „Türkiye“, einem Blatt der religiösen Fundamentalisten, schlagen genau in diese Kerbe: Sie wiederholen die Vorwürfe an Mönch und den Bremer Senat nicht nur, sie verschärfen mit einer drastischeren Sprache auch noch die Gangart. Und sie erschienen mehr als prompt. Schon einen Tag nach der „Focus“-Veröffentlichung durften auch die LeserInnen in der Türkei vom Bremer PKK-Sympathisantensumpf erfahren. Allerdings nicht ohne einen Hoffnungsschimmer. Auf derselben Seite läßt die Milliyet den bayerischen Innenminister Günther Beckstein ausführlich zu Wort kommen. Überschrift: „In Deutschland gibt es keinen Platz für den Terror“.

Wie weit es sich bei den „Focus“-Welle um eine gesteuerte Kampagne handelt, das bleibt vorert der Interpretation überlassen. Dafür spricht, daß seit dem PKK- Verbot die nationalistischen Parteien und Vereinigungen in der Türkei enormen Auftrieb bekommen haben. Kaum eine Partei kann sich dem Schulterschluß gegen die kurdische Unabhängigkeit entziehen. Im „Milli Mutabakat“ (Nationale Einheit), dem Krisenrat aller türkischen Parteien gegen die kurdische Unabhängigkeitsbewegung, fehlt allein die „Demokratische Partei“, ansonsten wird die türkische Gewaltpolitik gegenüber Kurdistan von allen Partei getragen, bis hin zur Sozialdemokratie. Und die Chefredakteure der Zeitungen werden von diesem Rat regelmäßig zum Rapport gebeten.

Trotz dieser geballten Macht, der Bremer Hochschulrektor kann weiter gut schlafen. Mönch: „Ich bin optimistisch.“ Nur die Artikel in der deutschen Presse, die sollen nicht unwidersprochen bleiben. Gegen den „Focus“ hat sich Mönch schon einen Anwalt genommen, und auch der Bremer Weser Report bleibt nicht verschont. Der hatte am Mittwoch ein Gespräch mit dem ehemaligen Hochschul-Professor Fatih Franzmathes geführt, in dem der noch einmal Vorwürfe gegen Mönch erhoben hatte - ohne daß der Rektor selbst um eine Stellungnahme gebeten worden wäre. Gegen diese Art der Presseberichterstattung will sich Ronald Mönch nun gerichtlich zur Wehr setzen: „Man muß sich ja nun wirklich nicht alles gefallen lassen.“ J.G.

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