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Bauministerin absolut verantwortungsdicht

■ Konsequenzen aus Versagen bei Hochwasserkatastrophe: Chefin der Bundesbaudirektion geht / Zukunft des beschädigten Bundestags-Neubaus ungewiß

Bonn (taz) – Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP) hat ihr Amt erfolgreich gegen die Zuweisung von Veranwortung für Versäumnisse bei der Hochwasserkatastrophe vor Weihnachten abgedichtet. Den Strom der Vorwürfe wegen Pannen, die zu erheblichen Schäden am sogenannten Schürmann-Bau führten, leitete die Politikerin gestern an untergeordnete Behörden und private Auftragnehmer weiter. Als Konsequenz aus dem wahrscheinlich millionenteuren Debakel wird die Präsidentin der Bundesbaudirektion, Barbara Jakubeit, ihr Amt verlassen. Weder könne sie den Gesamtschaden an dem rund 700 Millionen Mark teuren Neubau abschätzen noch Aussagen darüber machen, ob der Bau ganz oder teilweise abgerissen werden müsse, erklärte die Ministerin.

Der Schürmann-Bau, die letzte Großbaustelle des Bundes, war am Abend des 22. Dezember von den Verantwortlichen geflutet worden, als die Hochwasserwelle Bonn erreichte. Wie Schwaetzer gestern sagte, war die Flutung notwendig, obwohl schon installierte elektrische Anlagen auf diese Weise beschädigt wurden. Ziel sei gewesen, den Auftrieb des Gebäudes zu reduzieren und weitere Bewegung des Baukörpers zu verhindern.

Das Gebäude ist von einer Hochwasserschutzwand umgeben, die in etwa 25 Meter Tiefe in einer Tonschicht verankert ist. Erst zwei Wochen nach der Flutung, am 6. Januar, wurde laut Schwaetzer die Bundesbaudirektion von der Bauleitung der ausführenden Firmen darüber informiert, daß an einer Stelle die wasserdichte Schutzwand noch nicht fertiggestellt war. „Wir können also mit großer Sicherheit davon ausgehen, daß dieser Umstand zum Aufschwimmen des Gebäudes zumindest beigetragen hat“, sagte die Ministerin. Die Arbeitsgemeinschaft Bauleitung (ABE) hätte ihrer Meinung nach diese Schwachstelle erkennen und beseitigen müssen. Sie gehe davon aus, daß dieses Versäumnis „grob fahrlässig“ gewesen sei. Die Firmen müßten deshalb für den Schaden aufkommen.

Für die Struktur der Bundesbaudirektion, der die Bauaufsicht über Bundesvorhaben obliegt, kündigte die Ministerin Konsequenzen an. Eine Neuorganisation der ihr unterstellen Behörde sei ohnehin geplant gewesen. Nun würden die Bauaufgaben des Bundes soweit wie möglich in private Hände vergeben, sagte die Politikerin. Die Präsidentin der Bundesbaudirektion, Barbara Jakubeit, habe ihr in der Diskussion über die Reform der Behörde eröffnet, daß sie ihr Amt verlassen wolle. Frau Jakubeit verlasse das Haus aber „auf eigene Initiative“.

Die Steuerung der Arbeiten am Schürmann-Bau soll nun einer Fachingenieurfirma übertragen werden, „die Erfahrung mit der Abwehr von Hochwassergefahren an Baustellen hat“. Zudem will das Bauministerium einen „erfahrenen Bauverwaltungsfachmann“ einsetzen, der die Abläufe innerhalb der Bundesbaudirektion während des Hochwassers überprüfen soll. Hans Monath

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