: Langzeitarbeitslose an den Katzentisch
■ Tarifkonflikt der Chemieindustrie beigelegt
Berlin (taz/AP) – ChemiearbeiterInnen müssen sich künftig billiger verkaufen. Der Tarifkonflikt in der westdeutschen Chemieindustrie wurde gestern mit einem aufsehenerregenden Schlichtungsspruch beendet. Erstmalig vereinbarten die Verhandlungspartner beschäftigungsfördernde Maßnahmen, die den Arbeitgebern das Recht einräumen, bei Neueinstellungen und für Langzeitarbeitslose abgesenkte Löhne zu zahlen.
Der Bundesarbeitgeberverband Chemie und die IG Chemie-Papier-Keramik einigten sich darauf, die Einkommen für die Beschäftigten vom 1. Februar an um zwei Prozent zu erhöhen. Für November, Dezember und Januar wurde eine Nullrunde festgelegt. Darüber hinaus können die Betriebe individuell folgende Vereinbarungen nutzen: Langzeitarbeitslose dürfen im ersten Beschäftigungsjahr zu 90 Prozent des Tariflohns eingestellt werden. Bei Abschluß von unbefristeten Arbeitsverträgen können die Löhne im ersten Beschäftigungsjahr auf 92,5 bis 95 Prozent des tariflichen Entgelts reduziert werden.
Der Tarifkompromiß erlaubt außerdem eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 37,5 Stunden. Bei Abweichungen nach unten wird kein Lohnausgleich gezahlt, bei Verlängerungen nach oben entfällt der Überstundenzuschlag.
Die tarifliche Vereinbarung gilt bis zum 31. Januar 1995 und ist zunächst nur für die rund 170.000 Beschäftigten im Pilotbezirk Nordrhein gültig. Der Kompromiß soll jedoch in allen elf westdeutschen Tarifbezirken mit insgesamt 700.000 Beschäftigten übernommen werden. BD
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