: "Es wird sehr ungemütlich werden"
■ Lastwagenbrücke für den Potsdamer Platz: Im März wird der Landwehrkanal überquert / Zwischenlager, Betonwerke und Behelfsbrücken sind auch für Regierungsviertel geplant / 90 Millionen Mark Kosten
Hinter dem Schild der „Baustellenlogistik Potsdamer Platz GmbH“ (baulog) verbirgt sich eine fünf Meter tiefe Baugrube. Ein halbes Dutzend baumdicker Betonpfähle steckt in dem Loch am Tempelhofer Ufer in Kreuzberg – bis zu 25 Meter tief, wie Wilhelm Maier, Chef der baulog, vor Ort dem Troß von Journalisten gestern erzählte. Nur noch wenige Wochen, und eine 500 Tonnen schwere Stahlbrücke wird ab März an dieser Stelle das Gleisdreieck mit dem Potsdamer Platz auf der anderen Seite des Landwehrkanals verbinden.
Ab April können die Bauherren am Potsdamer Platz das Gelände räumen und Boden ausheben lassen. Auf der Stadtbrache planen Daimler-Benz, Sony, ABB und Hertie neben Bürobauten auch Hotels, Einkaufszentren und Vergnügungseinrichtungen. Die Deutsche Bahn (DB) und das Land Berlin werden unter dem Gelände einen viergleisigen Fernbahntunnel und einen Straßentunnel bohren und baggern. Über das Gleisdreieck – das sogenannte Logistikzentrum Süd – werden Abtransport von Abfall und Anlieferung organisiert oder dort gleich weiterverarbeitet. Die baulog bereitet das alte Eisenbahngelände und die ehemalige Idylle für Vögel, Insekten und seltene Pflanzen derzeit für den Bau eines Betonwerks, einer Stahlbiegerei und für Zwischenlager vor. Die beiden Gesellschafter Berlin und DB haben im vergangenen Jahr bereits 20 Millionen Mark investiert.
Was südlich des zentralen Bereichs passiert, steht gleichfalls im Norden an, berichteten gestern Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) und der Konzernbeauftragte der DB, Werner Remmert, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Über das Logistikzentrum- Nord auf dem Hamburger-Lehrter Güterbahnhof sollen die Transporte zum und vom geplanten Regierungsviertel im Spreebogen, für den Lehrter Fernbahnhof sowie die Tunnel, zu denen im Spreebogen auch eine weiterere U-Bahn- Röhre zählt, laufen. Zwar hat es dort noch keinen Spatenstich gegeben, doch die Planung ist fertig.
Zwischen Invaliden- und Perlebergerstraße (Tiergarten) werden ebenfalls ein Stahl- und zwei Betonwerke errichtet. Dort wird auch mit den Arbeiten für den Lehrter Fernbahnhof und die Tunnel begonnen. Eine dritte Betonanlage wird in den Spreebogen, nördlich des Reichstages, gesetzt. Wie am Landwehrkanal, so wird auch über den Spandauer Schiffahrtskanal eine Behelfsbrücke gelegt werden.
Die beiden Logistikzentren werden mindestens acht Jahre gebraucht, und die Investitionen werden sich auf 90 Millionen Mark belaufen. Über die beiden Knotenpunkte werden 17,6 Millionen Tonnen Abfälle und Boden abtransportiert und 16,6 Millionen Tonnen Baustoffe herantransportiert. Der Bausenator machte gestern keinen Hehl daraus, daß es in der Innenstadt zu erheblichen Behinderungen und Belästigungen für Autofahrer und Anwohner kommen werde: „Es wird sehr ungemütlich werden.“ Man versuche dennoch, „höchsten ökologischen Ansprüchen“ gerecht zu werden. Umweltverbände bemängeln dagegen, daß die Zentren gar nicht auf ihre Umweltverträglichkeit untersucht worden sind. Die Grünen bezweifelten gestern gar, daß diese Zentren, die enorme Flächen verwüsteten, notwendig seien. Dirk Wildt
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