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Sparen am Verbraucherschutz

■ Sparwut von Bund und Land zwingt Verbraucherzentrale zu Einsparungen     Von Florian Marten

Aktionen gegen genmanipulierte Lebensmittel, kompetente Schuldner-Beratung, die Fortsetzung der Kampagne gegen den Fleischskandal, Umweltanalysen, die Überprüfung der Kennzeichnung ökologisch angebauter Lebensmittel – ein „Luxus“, den sich der Staat in Zeiten leerer öffentlicher Kassen offenkundig nicht mehr leisten will. Die Hamburger Verbraucherzentrale wird 1994 – „wenn nicht ein Wunder geschieht“, so gestern Verbraucherschützerin Edda Castello, einen Gutteil ihrer Tätigkeiten drastisch einschränken müssen.

Grund sind enorme Beschneidungen der Bundeszuschüsse für die Ernährungsberatung und reale Kürzungen der Zuschüsse von Bundeswirtschaftsministerium, Wirtschaftsbehörde und Umweltbehörde (Zuschuß“anstieg“ weit unter der Inflationsrate). Diese Sparoffensive trifft die Hamburger Verbraucherzentrale in einer finanziell bereits erheblich angespannten Lage.

Wie mehrfach berichtet, muß die Verbraucherzentrale bereits 450.000 Mark für die eigene Sanierung aufbringen. So führt schon die sich jetzt abzeichnende Einsparung von weiteren 120.000 Mark fast zwangsläufig zu drastischen Reaktionen: Die Schuldnerberatung wird aufgelöst (ABM-Mittel werden nicht verlängert), die Rechts- und Kreditberatung ist für acht Monate eingestellt, Aktionen und Kampagnen in den Bereichen Umwelt und Ernährung fallen ersatzlos aus.

Günter Hörmann, Chef der Verbraucherzentrale, will diese Einschränkung des Verbraucherschutzes nicht klaglos hinnehmen. Er fordert von Bund und Stadtstaat eine Rücknahme der Kürzungen. Den Vorwurf, hier jammere mal wieder eine subventionierte halbstaatliche Institution nach Geld, will Hörmann nicht gelten lassen: Die Leistungen der Verbraucherzentrale seien in den letzten Jahren erheblich gestiegen, der Anteil der Eigenfinanzierung (Gebühren, Veröffentlichungen) steige ständig. Verbraucherschutz sei allerdings nicht zum Nulltarif zu haben.

Für Unruhe sorgen zudem die Pläne der Stadt, die Verbraucherzentrale zu verlagern. Aus diesem Grund wurde auch die überfällige Modernisierung der Räume in den Großen Bleichen 23 von der Stadt auf Eis gelegt. Edda Castello vermutet System hinter der Kombination von Sparen und Verlagern: „Will der Senat uns am langen Arm verhungern lassen? Sollen wir an den Rand gedrängt werden? Hat der Senat überhaupt ein verbraucherpolitisches Konzept? Wenn ja, welches?“

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