piwik no script img

Außen pfui

■ Innen ganz nett: Amanda Filipacchis „Nackte Männer“

Die Gestaltung von Buchumschlägen hat bekanntlich ihre Tücken, zumal wenn den Verlagen die Rezession im Nacken sitzt. Mal fragt man sich, was Berthe Morisots „Mädchenkopf“ mit Henry James' „Daisy Miller“ verbindet (junges weibliches Wesen! Zeitgenossen!), mal grübelt man über die Signifikanz der Farbe Hellgrün für Roland Barthes' „Reich der Zeichen“ nach.

Beim Schutzumschlag der „Nackten Männer“ von Amanda Filipacchi gerät man vom Grübeln nahtlos ins Ärgern. Da ist es gelungen, den Text so gründlich mißzuverstehen, daß man schon von Etikettenschwindel sprechen muß. Wie das? Nun, im Roman begegnet der Leser Sara, elf Jahre alt, ziemlich altklug und mit den Begierden eines erwachsenen und zudem sehr verführerischen Körpers geschlagen. Im Laufe der Geschichte wächst dem armen Kind ein Bart, aus Gründen, die hier naturgemäß nicht verraten werden können.

Auf dem Umschlag hingegen schmollt dem Betrachter eine halbnackte junge Frau entgegen, der offenbar die Zeit fehlte, vor dem Eintreffen des Fotografen den Reißverschluß ihrer Jeans zu schließen. Unerfindlich bleibt, warum sie sich für die Titelseite ein neckisches Oberlippenbärtchen, für die Rückseite eine Brustbehaarung in Baumform aufgemalt hat. Beinahe erleichtert entnimmt man dem Fotonachweis, all das sei im Dienste einer Männermode-Kampagne geschehen, und wirft den Umschlag weg. Zum Vorschein kommt ein animierend tomatenrotes Buch, dessen Einband dem nun folgenden erotischen Wirrwarr entschieden angemessener ist.

Nackt sind hier meist die Männer, da kann man dem Titel vertrauen, diejenigen nämlich, die für Saras malende Mutter Modell stehen. Zum Beispiel Jeremy Acidophilus, der sich schon vor Beginn der Arbeit an seinem Aktportrait in die Künstlerin verliebt. Während es entsteht, beschließt Sara, ihn zu verführen. Jeremy will eigentlich gar nichts von kleinen Mädchen, erliegt aber schließlich Saras Strategien. Das klingt vielleicht bekannt, ist aber dennoch keine „Lolita“-Paraphrase.

Filipacchi, Jahrgang 1967 und Europäerin in Manhattan, ist so begeistert von ihrer Idee des New York als „Stadt der Frauen“, daß sie uns keinen einzigen ihrer Einfälle vorenthalten möchte, ob absurd, amüsant oder bizarr. Sie nachzuerzählen, wäre genauso langweilig wie Witze zu erklären. Und langweilig – immerhin – sind „Nackte Männer“ nie. Stephanie Tasch

Amanda Filipacchi: „Nackte Männer“, Roman. Aus dem Englischen von Ursula-Maria Mössner. Haffmans Verlag, Zürich, 298 Seiten, geb., 39 DM.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen