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Witt versus Winnetou

■ "Kati kommt", 21.45 Uhr, ARD

Auf Einladung des MDR sitzen Herr Krähe und ich am Freitag mittag im Berliner Café Kranzler und verachten interessiert die Leute, die sich nicht schämen, am hellichten Tage hier herumzusitzen. Wir sollen uns die Reportage „Kati kommt“ ansehen und den Eisbecher „Dreifacher Wittberger“ probieren. Und bevor der Film beginnt, begrüßt uns per Video sogar Katarina Witt selbst und verspricht: „Irgendwann laufen wir uns mal wieder über den Weg.“

Aber zuvor ist „Kati“ (MDR) mal neun Monate lang einem Kamerateam über den Weg gelaufen, beziehungsweise so lange sind die hinter „Kati“ (Bild) hergereist wie die Wilden. 28 Stunden lang hatten sie dabei die Kamera am Auge, und deshalb können sie uns jetzt in ihrer 45minütigen Reportage zeigen, wie „Kati“ (Stern) wirklich ist. Sind wir hinterher schlauer? Daß „Kati“ (BZ) vor der wichtigen Kür in Frankfurt angespannt war, haben wir uns das nicht gedacht? Daß sie nach mißglückten Sprüngen flucht, nicht wenigstens vermutet? Daß sie einkaufen geht, Waldläufe macht, mitunter Mützen trägt und Spaghetti ißt, nicht immer schon so ein bißchen geahnt?

Und auch daß die 28jährige „Kati“ (Bravo) „heute eine erwachsene Frau“ ist, überrascht zumindest Herrn Krähe (28) und mich (28) nicht sonderlich. Beide könnten wir aus dem Stehgreif vier bis sieben Damen aus unserem Jahrgang aufzählen, die zwar 1966 noch in die Windeln gemacht haben, mittlerweile aber größere Mengen Glenfiddich lesen und Flann O'Brien am Geruch erkennen können, die so komplizierte Sachverhalte wie das En-passant- Schlagen und die Herstellung von Sauce Béchamel intellektuell beherrschen, die an einem Tag ein Lächeln hervorzaubern, welches den Fahrkarten-Kontrolleur seinen Beruf vergessen läßt, und am nächsten derart obszöne Gesten, daß ihm dieser unweigerlich wieder in Erinnerung kommt; Frauen, die somit durchaus als erwachsen gelten können.

Nicht gedacht hätten wir hingegen, daß „Kati“ (Bäckerblume) und ihre Trainerin „eine Haßliebe verbindet“, „Kati“ (St.-Pauli- Nachrichten) und ihre Choreographin aber „eine Seelenverwandtschaft“; in solch abgeschmackten Phrasen denken wir nämlich nicht.

Unsere Mütter, die schon in den 70er Jahren kein Schaulaufen ausgelassen haben – selbst wenn im anderen Programm Winnetou starb –, werden Gefallen finden an dem Film. Herr Krähe und ich aber werden heute abend lieber bei einem Bier davon träumen, daß „Kati“ (Angler-Magazin) uns mal wieder über den Weg läuft. Martin Sonneborn

PS: So richtig lecker war der „Dreifache Wittberger“ nicht.

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