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■ Das PortraitRaschiduddin Dostam

„Unser Schah“, sagte ein usbekischer Händler in der nordafghanischen Stadt Mazar-i Scharif (Edles Grab), „ist weise und gerecht. Die Diebe läßt er aufhängen, die Wucherer auspeitschen. Gott möge ihm hundert Jahre schenken und viele Söhne.“ Der „König der Usbeken“ ist der Vier-Sterne-General Raschiduddin Dostam, einst die eiserne Faust des kommunistischen Staatschefs Nadschibullah. Seit kurzem kämpft er gemeinsam mit dem Paschtunenführer Hekmatjar gegen die afghanische Regierung.

Der wendige Usbeke hat mehr als einmal die Fronten gewechselt. Vor 42 Jahren als Sohn eines Bauern geboren, begann Dostam seine Laufbahn als Automechaniker. Später trat er in die Armee ein und wurde als Fallschirmjäger ausgebildet. Unter Staatschef Mohammed Nadschibullah stieg er zum Divisionskommandanten auf. Seine in der Sowjetunion im Nahkampf ausgebildeten Milizionäre waren wegen ihrer Brutalität gefürchtet.

Kurz vor dem Sieg der Mudschaheddin wandte sich Dostam von den Genossen ab. Er bekannte sich zum Islam und half dem Partisanenführer Ahmad Schah Masud gegen den Machtprätendenten Hekmatjar zum Sieg in Kabul. Zugleich gründete Dostam die „Islamisch-nationale Bewegung Afghanistans“, kurz Dschonbesch genannt, ein mächtiger Dachverband, der die ethnischen und religiösen Minderheiten des afghanischen Nordens politisch und militärisch zusammenfaßte. Im Kampf um Kabul blieb Dostam stets unparteilich. Seine etwa 20.000 in der Hauptstadt stationierten Milizionäre begnügten sich damit, die Bevölkerung nach Strich und Faden auszunehmen.

Der Regierungssitz Dostams, Mazar-i Scharif, wurde zum zweiten afghanischen Zentrum, in dem Ruhe und Frieden herrschte. Doch im Sommer dieses Jahres kam die Alleinherrschaft Dostams in den nördlichen Regionen ins Wanken. Ismael

Afghanischer Wendehals Foto: Reuter

Khan, der tadschikische Gouverneur der Westprovinz Herat, begann, ihm Teile seines Machtbereiches streitig zu machen. Überdies kam es innerhalb der Dschonbesch zwischen Anhängern Dostams und den Tadschiken zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Seit kurzem ist Dostams Regierungssitz nicht mehr eine Enklave des Friedens. Die Flammen des Krieges haben auch das „Edle Grab“ erreicht. Ahmad Taheri

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