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„Wir sind kein Anhängsel der Partei“

Am Wochenende gründete sich bundesweit das grün-alternative Jugendbündnis / Sprungbrett für die grüne Parteikarriere will es nicht sein / Das Höchstalter liegt bei nur 28 Jahren  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Beim dritten Anlauf für die entscheidende sechste Abstimmung wird die schmale 22jährige Kirstin Goth am Rednerpult energisch: „Also Hammelsprung: Wer den Namen ,Jugendbündnis Regenbogen‘ will, geht durch die rote Tür dahinten, wer für ,Grün-alternatives Jugendbündnis‘ ist, durch den Eingang hier vorn.“ Hinter dem Präsidiumstisch in der Schulaula hängen die Insignien „Bündnis 90/Die Grünen“ auf Transparenten. Eine riesige Sonnenblume schmückt den Raum mit dem alten Schriftzug „Die Grünen“.

Doch einfach nur parteinah wollen die 60 jungen Frauen und 150 Männer nicht sein, die hier in Gesamtschule Hannover-Linden endlich eine bundesweite Grünen- Jugendorganisation gründen. Da ist der Vorschlag „Grüne Jugend“ schon vor dem Vorschlag „Rosa- Luxemburg-Jugend“ aus dem Abstimmungsreigen um den neuen Namen ausgeschieden. Und die im Durchschnitt 20jährigen haben gar eine Gedenkminute für die vor 75 Jahren ermordete KPD-Gründerin eingelegt, in der es bei aller Turbulenz dieser drei Tage dann tatsächlich still war.

Für „Grün-alternatives Jugendbündnis“ 104 Stimmen, 86 für „Jugendbündnis Regenbogen“, eine Reihe von Enthaltungen – so lautete das Ergebnis des Hammelsprungs. Als dann schließlich bei dreißig Gegenstimmen die Satzung angenommen war, über die Jung wie Alt mit vielen Anträgen, Rückholanträgen und Denkpause bis in den Samstag abend hinein debattiert hatten, da stand er: der Jugendverband von Bündnis 90/Die Grünen.

Zur Gründung nach Hannover waren keineswegs nur Parteimitglieder gekommen, doch Erfahrungen aus Grünen-nahen Landes- oder Kreisverbänden, die ja auch für Nicht-Mitglieder offen sind, brachten fast alle mit. Die Art und Weise, wie „der Till aus Hessen“ mit Verfahrensvorschlägen in die Diskussion eingriff, oder wie Werner aus Bayern da anfangs eloquent gegen die Gründung und für direktes Engagement bei den Grünen argumentierte, zeigte, daß hier auch 20jährige Kommunalpolitiker und Ortsvereinvorsitzende der Grünen am Werke waren.

Vor allem die Spielwiese des Nachwuchses und das Sprungbrett für die Parteikarriere will das Grün-Alternative Jugendbündnis nicht sein, und gerade das befürchtete jene knapp 50-köpfige Minderheit mit stark bayerischem Einschlag, die am ersten Tag heftig gegen die Gründung stritt. Die Satzung will diesen Bedenken Rechnung tragen: Auch Mitglieder anderer politischer Organisationen und Parteien dürfen dem Grün-alternativen Jugendbündnis beitreten.

Als Karrierebremsen sind denn auch jene Bestimmungen der Satzung gedacht, die Ämterhäufung unmöglich machen sollen. In den Bundesvorstand des Jugendbündnisses darf keine gewählt werden, die schon in einem Landesvorstand der Parteijugend, im Landes- oder Bundesvorstand der Partei oder gar in einem Landtag, dem Bundestag oder dem Europaparlament sitzt. Letzteres dürfte allerdings auch nur schwer möglich sein, gilt doch für das wirklich junge Jugendbündnis eine Altersobergrenze von nur 28 Jahren. Ein Mindestalter kennen die Grün-Alternativen überhaupt nicht.

Eine 17jährige Frau und ein 22jähriger junger Mann wurden am Sonntag dann zu BundesvorstandssprecherInnen gewählt. Allerdings drohte das Jungendbündnis tags zuvor, ausgerechnet bei der Quotierung hinter die Mutterpartei zurückzufallen. Da wollte eine starke Minderheit, daß mindestens 50 Prozent Frauen in den Bundesvorstand nur aufgenommen werden „sollen“. Erst nach einer Kampfabstimmung blieb es beim „müssen“, bei der verbindlichen Quotierung.

Bundesvorstandssprecher Jens Augner, Student der Sozialwissenschaften, kommt aus Berlin – insgesamt waren allerdings aus der Hauptstadt und den neuen Ländern nur 30 Jugendliche in Hannover anwesend. Seine Sprecherkollegin Birgit Spohn ist Schülerin und in Bremerhaven beheimatet. Beide wollen ein Jugendbündnis, das eine eigene Bildungsarbeit, eigene Kampagnen, etwa gegen den Rechtstrend, auf die Beine stellt, und das seine Unabhängigkeit gegenüber den Grünen bewahrt.

„Wir symphatisieren zwar mit den Grünen, werden sie auch bei der Bundestagswahl unterstützen“, sagte Birgit Spohn nach ihrer Wahl, „aber wir kritisieren die Grünen auch, werden unsere eigene Politik machen und kein Anhängsel der Partei sein.“ Der Bundesvorstand der Grünen hatte diesem Willen nach Unabhängigkeit von vornherein Rechnung getragen. Getreu dem Prinzip „Selbstorganisation der Jugend“ hatte er nicht einmal zum Zuhören eine VertreterIn nach Hannover entsandt.

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