: Was es außer Mutter und Tochter so gibt
■ Das Duo "Orlando" oder wie zwei Frauen es schaffen, in Rastede Theater zu machen
Zwei Frauen machen Theater. Die Geduld haben sie ja nicht verloren, aber mit den Jahren ist den beiden doch klar geworden, daß es gar nicht so einfach ist, über die heimische „Enklave Oldenburg-Rastede hinauszustrahlen“. Seit Ende der Achtziger führen Franziska Buß-Vondrlik und Sylvia Meining dort ihre Stücke auf und verbündeten sich dazu mit Kaufleuten, Verwaltungsfachmenschen und dem ehrwürdigen Rasteder Kunst- und Kulturkreis: „Nun kommt wohl so langsam Zutrauen auf uns zu.“
Zwölf Mal haben es Franziska Buß-Vondrlik und Sylvia Meining im letzten Jahr geschafft, die RastederInnen und Umgebende ins Palais des Landgrafen zu bewegen. Zu sehen gab es dort Verwandlungen, eine Szenencollage nach dem Roman Orlando von Virginia Woolf. Dreißig bis vierzig Leute füllten jedesmal die kleinen Räume im Palais – Verwandlungen ist der bisher größte Erfolg der beiden Theatermacherinnen.
Nomen wurde also doch noch omen – „Im Grunde war es ja höchste Zeit, mal was aus Virginia Woolfs Geschichte zu machen“, sagt Franziska Buß-Vondrlik. Als sie kurz vor dem Gründungsjahr das Buch gelesen hatte, war schnell klar, daß die neue Theatergruppe Orlando heißen sollte: „Weil das Prinzip der Verwandlung im Roman ja auch das Prinzip des Theaters ist.“ Von dem damaligen Frauensextett ist nun das Duo übriggeblieben, das einmal pro Jahr eine Theaterproduktion auf die Beine stellt.
Mastrosimone, Cocteau, Virginia Woolf. „Es ist übrigens gar nicht so einfach, Stücke für zwei Frauen zu finden.“ Sylvia Meining sagt es nicht ohne Zwischenton. „Die meisten beschäftigen sich mit der Mutter-Tochter-Bindung, und Frauen haben doch eigentlich auch andere Beziehungen.“ Verwandlungen ist daher die erste eigene Bühnenfassung der Orlando-Frauen geworden, in der sie den jahrhunderteumspannenden Roman auf Orlando selbst und eine Biografin reduzieren. Erhalten haben die beiden in ihrer eigenwilligen Inszenierung dagegen die Sprache, den Bilderreichtum und den Humor Virginia Woolfs. Und die Aufmüpfigkeit, mit der die Autorin im Roman mit den Geschlechterrollen spielt.
„So etwas trifft den Nerv“, meint Franziska Buß-Vondrlik und sträubt sich sogleich gegen den Begriff des Frauentheaters. „Wir sind Frauen und wollen unsere weibliche Sicht auf die Dinge deutlich machen. Das heißt aber nicht, daß wir uns nur mit dem Thema Frau auseinandersetzen.“ Im April bringt das Duo Frauen.Krieg.Lustspiel von Thomas Brasch auf die Bühne, ein Antikriegsstück, das auf ganz andere Art die Leute provozieren wird. „Provokation steht aber für uns nicht im Mittelpunkt“, betont Syliva Meining. Obwohl es bei dem Vergewaltigungsstück Extremeties von Mastrosimone bei den Rastedern auch schockierte Reaktionen gegeben habe. „Wir haben ja zum Glück nicht schon vorab unser Publikum im Kopf. Im Gegenteil, wir sind immer gespannt, wer zum jeweiligen Thema kommen wird.“
Das erhält die Utopien am Leben, was für die beiden heißt, daß sie sich vielleicht mal an die Biografien von George Sand, Katherine Mansfield oder Vita Sackville- West wagen. „Es interessieren uns halt doch die Frauen im Besonderen.“ Mitarbeit und Unterstützung von Männerseite ist aber jederzeit willkommen. Sei es bei der Kinderbetreuung, der Pressearbeit oder der Regie. Oder beim Festhalten an der Utopie eines Zwei-Frauen-Theaters in Rastede, das mittlerweile auf der Suche nach einer Agentur ist, um die vielen möglichen Aufführungsorte in Umzu zu ergründen .Silvia Plahl
Silvia Plahl
Das Stück „Verwandlungen“ ist am 20. und 21.1. im PFL/ Oldenburg zu sehen. Beginn jeweils 20 Uhr
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