: Weiterbildungsinstitut auf Schleuderkurs?
■ Geschäftsführender Direktor Tippe ließ sich vorzeitig 100.000 Mark Provision auszahlen / Heute tagt der Vorstand
Kommt das angesehene Institut für technische Weiterbildung ins Schleudern, weil sein geschäftsführender Direktor sich Provisionen vorzeitig hat ausbezahlen lassen? Das ITW ist mit einem Umsatz von rund 10 Millionen Mark einer der größten und angesehensten Weiterbildungsträger in Berlin. Der Direktor des als Verein betriebenen Instituts, Professor Jürgen Tippe, hat sich 100.000 Mark Erfolgsprovision vorzeitig ausbezahlen lassen. Wegen einer „Diffamierungskampagne“ werde er das Geld nun – vorerst – zurückbezahlen. Tippe dementierte der taz gegenüber „aufs entschiedenste“ Gerüchte, nach denen das ITW derart in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei, daß 35 feste Arbeitsplätze gefährdet seien.
„Wir sind ein gesundes Unternehmen, der Wirtschaftsplan ist bereits jetzt bis Ende des Wirtschaftsjahres gesichert“, sagte Tippe, der die ITW-Vorstandschaft als Nebentätigkeit ausübt. In der Hauptsache ist der Mathematikprofessor Gründungsrektor der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Karlshorst. Tippe sagte der taz, die Behauptungen über ihn und die Wirtschaftskraft des Weiterbildungsvereins ITW seien auf „Konkurrenz oder Bösartigkeit“ zurückzuführen. Nicht das erste Mal wolle ein Unbekannter dem in Wedding ansässigen Institut schaden. Der Vorstand des ITW, dem neben Vertretern der Berliner Wirtschaft der Technologiestaatssekretär Hans Kremendahl angehört, wird heute zu den Anwürfen Stellung nehmen. Der hervorragend beleumundete Professor Jürgen Tippe ist seit 1992 geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Instituts für technische Weiterbildung. Zusätzlich zu einem monatlichen Bruttosalär von rund 8.000 Mark erhält der Mathematikprofessor eine Provision, die sich am Erfolg des Instituts bemißt. Diese üblicherweise am Ende eines Geschäftsjahres (August) fällige Provision ging als Vorabzahlung an den 58jährigen Jürgen Tippe. Der Vorschuß gefährde den Bestand des ITW jedoch in keiner Weise, sagte Tippe. Er zahle ihn nun zurück, werde das Geld aber im August „formal korrekt“ wiederbekommen. Bei der heutigen Vorstandssitzung wird es nach Informationen der taz auch um die rechtliche Konstruktion des ITW gehen. Es habe inzwischen eine Größe erreicht, für die die Vereinsform nicht mehr geeignet ist. Als gemeinnützige GmbH sei das Institut besser zu kontrollieren, sagte der Präsident der Technischen Fachhochschule (TFH), Günter Siegel. Er sitzt satzungsgemäß im Vorstand des ITW. Das vor über 25 Jahren aus der TFH heraus gegründete Institut hat nach der Wiedervereinigung ein rasantes Wachstum hinter sich gebracht: 1989 erhielten TeilnehmerInnen von ITW-Fortbildungen 400.000 Stunden, 91/92 waren es bereits 1,2 Millionen. Inzwischen unterhält das Institut eine Reihe von Außenstellen, die von Güstrow bis Dresden reichen.
Die laut Tippe gezielt gestreuten Gerüchte über das ITW erlangen ihre Bedeutung, weil es der Wachstumsbranche Weiterbildung nicht gutgeht. Seitdem die Bundesanstalt für Arbeit die Mittel für Fortbildung und Umschulung bereits letztes Jahr erheblich abgesenkt hat, sind eine Reihe von Trägern eingegangen, die nach der Wiedervereinigung aus dem Boden geschossen waren. Das Institut für technische Weiterbildung sei davon jedoch nicht betroffen, hieß es. Es erhalte seine Aufträge vorwiegend aus der privaten Wirtschaft. Laut Satzung hat das ITW die Aufgabe, „Führungskräfte und qualifizierte Angestellte mit Fortschritten der Technik vertraut zu machen“. Christian Füller
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