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Laboratorium der Einheit

■ Bausenator Nagel (SPD) prophezeit für 1994 Investitionen im Wert von 27 Milliarden Mark für öffentliche Bauvorhaben

Bausenator Wolfgang Nagel wird nicht müde, Berlin auf die „ungemütlichen Zeiten“ einzuschwören. Auch gestern wieder, gleich zu Beginn seiner „Jahresvorschau“, erteilte er all jenen eine Lektion, die am staubigen Stadtumbau herumnörgeln. Statt „Meckerei und Verdrossenheit“, so der Bausenator, „brauchen wir ein positives Denken“. Es gelte, die „Menschen mit auf die Reise zu nehmen“. Wohin diese geht, veranschaulichte Nagel anhand von Zahlengebirgen: 1993 habe man über 24 Milliarden Mark, davon rund sechs Milliarden aus der öffentlichen Hand, für Baumaßnahmen ins Berliner „Laboratorium der Einheit“ investiert. 1994 sollen es 27 Milliarden Mark sein. In absehbarer Zeit werde das Bauvolumen auf 30 Milliarden Mark jährlich ansteigen.

Zu den wichtigsten Maßnahmen im vergangenen Jahr zählte Nagel den Anschluß Berlins an das ICE-Netz, die Lückenschließung auf der U-Bahnlinie 2 zwischen Mohrenstraße und Wittenbergplatz sowie die Eröffnung des „Südrings“. Im laufenden Jahr, hofft der Bausenator, die U-Bahnlinie 8 ins Märkische Viertel fertigstellen zu können. Zugleich werde mit dem Bau für die Verlängerung der U 1 über die Oberbaumbrücke, Kosten 170 Millionen Mark, und der „Wiedereinführung der Straßenbahn in den Westen“ an der Bornholmer Straße begonnen. Noch 1994 soll die S-Bahn-Strecke Schönholz– Tegel eröffnet werden. Im Straßenbau, so Nagel, setze man die Prioritäten auf die Verlängerung der Autobahn nach Neukölln.

Zu den wesentlichen öffentlichen Hochbaumaßnahmen, neben den sozialen Infrastruktureinrichtungen für Karow-Nord und dem Verwaltungszentrum Friedrichsfelde, gehört 1994 für Nagel die Erweiterung des Messegeländes. Dessen Kosten belaufen sich auf etwa zwei Milliarden Mark. Nagel widersprach den Absichten des Wirtschaftssenators, die Messeneubauten zu verschieben. Statt dessen müsse darauf geachtet werden, wie „insgesamt Kosten beim Bauen eingespart und überzogene Ansprüche eingedämmt werden können“. Erstmals sei in Berlin eine amerikanische Firma mit der Steuerung eines öffentlichen Bauvorhabens betraut worden.

Nagel verteidigte die Regelung in der Stellplatzverordnung und kritisierte die mangelnde Risikobereitschaft einiger Unternehmen, in Berlin zu investieren. Zugleich wiederholte er seine Vorbehalte gegen die Hochhausplanungen am Alexanderplatz. Der Alex sei „nicht nur für Bürobedienstete“ zu gestalten. Dem negativen Bild von der sogenannten investitionsfeindlichen Bürokratie hielt er entgegen, daß derzeit 16 große Bauvorhaben von der „schnellen Eingreiftruppe“ mit Vorrang bearbeitet oder vorbereitet würden. Hierzu zählten der Lindencorso oder das geplante Bauvorhaben der Victoria-Versicherung in Mitte. Zu Bauprojekten, die durch den von Finanzsenator verhängten Ausgabenstopp ausgebremst werden könnten, wollte Nagel keine Stellung beziehen. Allerdings, räumte er ein, „gebe es keine Tabus“. rola

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