: Polizeipräsident: Beschwerde unsachlich
■ Zum Polizeieinsatz gegen Kinder
„Aus den vorab geschilderten Gründen weise ich Ihre Dienstaufsichtsbeschwerde als unbegründet zurück.“ Mit diesem eher nüchternen Satz schließt ein acht Seiten langer Brief des Bremer Polizeipräsidenten Rolf Lüken an den Sozialpädagogen Jürgen Heiser, der gestern veröffentlicht wurde. Heiser hatte sich in der letzten Woche über zwei Beamte beschwert, die zwei Kinder auf der Obernstraße festgenommen und mit einem Polizeiwagen auf ein Revier gebracht haben. Dabei sei es zu einem Menschauflauf gekommen, die Kinder seien „öffentlich an den Pranger gestellt worden.“ Die Beamten hätten sogar ihre Legitimation verweigert, insgesamt sei der Einsatz „völlig unverhätlnismäßig“ gewesen, meinte Heiser.
Davon stimmt nichts, sagt jetzt der Bremer Polizeipräsident. Die Beamten seien ihrem Auftrag, Straftaten zu erforschen, „in vorbildlicher Weise nachgekommen“. Im Gegensatz zu Heisers Darstellung hätten sich die Beamten sehr wohl per Dienstausweis legitimiert und zu erklären versucht, worum es ging. Die Kinder seien nämlich unter dem Verdacht, geklaute Ware transportiert zu haben, verfolgt und gestellt worden. Sie sollen zu einer Gruppe von Kindern gehören, die seit einiger Zeit durchaus professionell die Geschäftsleute auf der Obernstraße beklauen.
Dabei wollte es der Polizeipräsident aber nicht bewenden lassen. „Ihre unsachlichen und durch nichts belegbaren Formulierungen, die Polizei führe Straftäter zur Abschreckung öffentlich vor...und unterstütze damit rechte Kräfte, weise ich auf das Schärfste zurück.“ Heiser habe erst dafür gesorgt, daß die Situation vor Ort durch „überzogenes und provozierendes Verhalten“ eskaliert sei. Erst Heiser habe den Funkstreifenwagen mit Alarmfahrt ausgelöst, dadurch, daß er gut hörbar für die sich versammelnde Menschenmenge gerufen habe: es scheine also in der Bundesrepublik ohne weiteres möglich zu sein, daß wildfremde Männer ohne erkennbare Legitimation Kinder greifen, sie festhalen und wie Schwerverbrecher öffentlich zur Schau stellen. Lüken weiter: „Ihr Verhalten ... bedeutet ausschließlich eine massive Behinderung der polizeilichen Tätigkeit und eine durch nichts zu rechtfertigende negative Beeinflussung von Passanten gegenüber den vor Ort tätigen Beamten.“
Heiser selbst erklärte seine Verwunderung darüber, daß der Brief des Polizeipräsidenten zunächst erst der Presse, danach ihm zur Verfügung gestellt worden sei. „Derjenige, der sich beschwert hat, wird nun selber als Provokateur vorgeführt. Heiser kündigte weitere Zeugen an, die den Vorfall beobachtet haben sowie eine „rechtliche Würdigung dieser Stellungsnahme“. mad
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