: Gift aus Feld, Wald oder Wiese
■ Honigtest: Nicht alle verdienen das Etikett "Waldhonig" / Manche Sorten enthalten giftige Rückstände, einige der getesteten süßen Brotaufstriche sind zudem recht abgestanden
Die Entstehung von Waldhonig beginnt nicht etwa bei den Bienen, sondern bei Läusen: Die Insekten bohren mit ihren Stechborsten die Leitungsbahnen von Bäumen an und saugen daraus den Pflanzensaft. Das Verdauungssystem der Tiere entzieht der Flüssigkeit ein paar Nährstoffe, der Rest wird gleich wieder ausgeschieden. Die sprichwörtlich fleißigen Bienen sammeln diese Tropfen und verarbeiten sie weiter zu Waldhonig.
Weil Waldhonig sehr begehrt ist, wird oft als solcher etikettiert, der tatsächlich gar keiner ist. Neben dem Aroma und einer Analyse der Pollen können falsche Waldhonige durch ihre elektrische Leitfähigkeit entlarvt werden, weil sie nicht soviel Mineralstoffe enthalten wie die echten. Öko-Test hat 26 Proben in Supermärkten, Bioläden und direkt beim Imker eingekauft und geprüft. Unsere Testergebnisse zeigen: Nach der Deutschen Honigverordnung dürften fünf davon nicht als Waldhonig angeboten werden.
Selbst die bei Imkern direkt erstandenen Honige waren weder besonders frisch, noch waren sie besonders schonend behandelt. Das stellte sich heraus, nachdem unser Labor die Menge von zwei verräterischen Inhaltsstoffen gemessen hatte: Invertase ist ein zuckerspaltendes Enzym, das durch Wärme zerstört wird, HMF ein Stoff, von dem im Honig immer mehr entsteht, je länger er gelagert wird. Ein hoher Invertase-Wert deutet also auf besonders gute Ware, ein hoher HMF-Wert dagegen auf reichlich abgestandene hin.
Nicht gefunden hat Öko-Test in den vorliegenden Proben bedenkliche Medikamente, die gegen den Bienenfeind Varroa-Milbe eingesetzt werden. „Das Volk schwört auf Perizin“, wirbt Bayer für sein Präparat. Zwar wollte sich dazu außerhalb der Werbeabteilung von Bayer keine Biene explizit äußern, doch laut Bayer setzen immerhin vier von fünf Imkern Perizin ein. Wird dieses Gift nicht genau nach Vorschrift angewandt, finden sich anschließend Rückstände im süßen Aufstrich. Selbst in Honigen, die von Imkern zur Prämierung eingereicht werden, sind nicht selten Perizinreste festgestellt worden. Auch über eine andere Praktik mancher Imker können die Analysen Auskunft geben: Einige der Honigverwerter setzen bedenkliche Stoffe ein, um die Bienen zu vertreiben, während sie den Honig aus dem Stock nehmen. Während Nitrobenzol und das als Bestandteil von Toilettensteinen bekannte Paradichlorbenzol – anders als in unserem Test vor einigen Jahren – nicht nachweisbar waren, haben wir diesmal jedoch das giftige Phenol gefunden. Zwei der drei betroffenen Honigsorten werden sogar als besonders natürlich vertrieben: „Biophar Wald- Honig Naturkost“ und „Naturkind Wald-Honig“ von der Tengelmann-Biomarke. Als wir Honig- Wernet, den Abfüller der am höchsten mit Phenol belasteten Waldhonige, mit unserem Ergebnis bekannt machten, meinte der nur unbeeindruckt, die Befunde seien ja wohl für Waldhonig völlig normal. Das sind sie zwar keineswegs, aber gesetzliche Grenzwerte für Phenol gibt es tatsächlich nicht. Ein kleiner Trost zum Schluß: Schadstoffe sind zwar beim Einkauf nicht feststellbar, doch wenigstens die Waldhonig-„Fälschung“ können Sie bedingt aufdecken. Und zwar durch Ansicht: Waldhonig ist dunkler als der Saft von der Wiese. Jochen Paulus
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