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Tiergarten-Grundwasser darf nicht sinken

■ Erörterungstermin zum Potsdamer Platz: Harte Auflagen für Daimler-Benz / Kommt es bei Grundwasserentnahme dennoch zu Schäden, haften alle Investoren

Die Daimler-Benz-Tochter Debis darf für den Bau von Büros, Hotel, Einkaufszentrum und Freizeiteinrichtungen am Potsdamer Platz 2,8 Millionen Kubikmeter Grundwasser abpumpen. Die Erlaubnis wird dem Konzern in wenigen Tagen zugestellt, kündigte noch am Mittwoch abend Martin Böhme von der Berliner Wasserbehörde an. Allerdings müssen Debis und auch die Investoren, die ihre Abpump-Anträge später stellen, harte Auflagen erfüllen: Der Wasserspiegel unter dem Tiergarten wird während der mehrjährigen Bauzeit kontrolliert und darf nur in den natürlichen Grenzen schwanken.

Auf dem Erörterungstermin in der Kantine von Mercedes-Benz in Marienfelde hatten Gutachter und Gegengutachter, Vertreter des Natur- und Grünflächenamts Tiergarten sowie der Umweltverwaltung und 60 Einwender acht Stunden lang Befürchtungen vor Schäden weitgehend ausgeräumt.

Die Wasserbehörde schreibt Debis den Bau von rund 40 Brunnen am Südrand des Tiergartens vor. Auch die insgesamt zehn Baugruben am Potsdamer Platz – die erste wird im April ausgehoben – dürfen nicht größer als 10.000 Quadratmeter ausfallen. So sollen nicht ausschließbare Havarien begrenzt werden können. Wie der von der Daimler-Tochter beauftragte Gutachter Jens Karstedt der taz erläuterte, werden je nach Größe der fast wasserdichten Gruben jeweils zu Beginn bis zu 140.000 Kubikmeter Wasser abgesaugt. In einem auf der Baustelle einzurichtenden Wasserwerk werde die Menge gereinigt und von dort in einem Stahlrohr zu den Brunnen am Rand des Tiergartens befördert. Nicht benötigtes Wasser fließt in den Landwehrkanal: zirka 1,4 Millionen Kubikmeter. Andernfalls befürchten Fachleute ein „Absaufen“ des Erholungsparks: Der „Grundwassersee“ darf nicht auf Baumwurzelhöhe steigen, weil die sonst verfaulen.

Der Wasserspiegel unter dem Großen Tiergarten schwankte in den vergangenen zwanzig Jahren lediglich um einen Meter – bis zu vier Meter tief. Mit der Auflage, daß die Investoren diesen Spielraum weder nach oben noch nach unten überschreiten dürfen, sei eine „sehr weitgehende Forderung“ erfüllt, meinte Umweltexperte Hartwig Runge, der unter anderem im Auftrag der Bauverwaltung an der Umweltverträglichkeits-Untersuchung zum Potsdamer Platz beteiligt ist. In dem Gutachten wurde vor schwerwiegenden Schäden im Tiergarten gewarnt (taz vom 11. November 1993). Weil mit dem Eisenbahn- und Straßentunnel (Beginn ebenfalls im kommenden April) und dem Sony-Projekt (1995) weiteres Wasser abgepumpt wird, werden großräumig erneut Brunnen eingerichtet. Die Auswirkung aller Vorhaben sei berücksichtigt worden, entgegneten Gutachter auf Kritik von Bürgerinitiativen. Sollten dennoch Schäden auftreten, sagte Petra Darkow von der Wasserbehörde, „haften die Investoren als Gesamtschuldner“. Dirk Wildt

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