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Nationaler Dialog mit Teilnehmermangel

■ Bei der heute in Algerien beginnenden Nationalkonferenz werden die wichtigsten politischen Parteien nicht vertreten sein

Kairo (taz) – Eine Woche bevor in Algerien zum Monatsende das Mandat des herrschenden „Hohen Staatsrats“ ausläuft, soll heute in der Hauptstadt Algier eine vom Regime einberufene „Konferenz für den Nationalen Dialog“ beginnen. Geht es nach den Machthabern, werden die Delegierten am Ende ihrer auf zwei Tage angesetzten Beratungen einen Übergangsplan billigen. Dieser sieht vor, für eine dreijährige Interimsperiode einen Präsidialrat, einen Übergangskonsultativrat und eine Übergangsregierung zu bilden.

Die Konferenz wird allerdings ohne die großen politischen Parteien des Landes stattfinden. Die „Front der sozialistischen Kräfte“ (FFS), die starken Einfluß unter den Berbern im Lande genießt und als zweitstärkste Kraft aus den vom Militär abgebrochenen Parlamentswahlen im Dezember 1991 hervorgegangen war, hat Anfang des Monats erklärt, sie werde die Konferenz boykottieren. Die Parteiführung begründete ihre Position damit, daß der Übergangsplan nicht dazu tauge, die Krise im Lande zu überwinden. Den Militärs, die als eigentlichen Drahtzieher des heutigen Regimes gelten, warf die FFS vor, den Dialog zu benutzen, um ihre Herrschaft auf eine legale Basis zu stellen.

Die „Nationale Befreiungs- Front“ (FLN), die in den fünfziger Jahren den Kampf gegen die französischen Kolonialherren führte und das Land seit der Unabhängigkeit bis zu ihrer Niederlage in den Wahlen von 1991 alleine regierte, beschloß in der vergangenen Woche ebenfalls, nicht an der Konferenz teilzunehmen. Um die FLN doch noch dazu zu bringen, an der Konferenz teilzunehmen, modifizierte das von dem Regime eingesetzte „Nationale Versöhnungskomitee“ Details des Übergangsplans. Die FLN lehnte die Korrekturen jedoch mit der Begründung ab, dabei handele es sich um „Modifikationen in der Form, aber nicht in dem Inhalt.“ Die FLN sei „nicht bereit, als Feigenblatt für das Regime zu dienen“, hieß es aus der Parteizentrale.

Auch der seit Monaten hinter den Kulissen geführte Geheimdialog zwischen Militärs und der Führung der im Untergrund agierenden „Islamischen Heilsfront“ (FIS) scheint keine Früchte zu bringen. Die FIS war im Dezember 1991 aus dem ersten Wahlgang der ersten freien Parlamentswahlen des Landes als stärkste Kraft hervorgegangen. Daraufhin setzten Militärs und eine politische Nomenklatura kurzerhand den zweiten Wahlgang aus, verhängten den Ausnahmezustand und verboten die FIS. Auf Versöhnung angelegte Maßnahmen des Regimes, wie die Freilassung Hunderter FIS-Anhänger und die Aufhebung des Hausarrests für weitere Islamisten in den letzten Tagen, reichen der FIS-Führung für eine Beteiligung am „nationalen Dialog“ nicht aus. Sie fordert die Freilassung aller Gefangenen, die Aussetzung aller Ausnahmegesetze sowie die Verurteilung aller Militärs, die sich seit Abbruch der Wahlen „Verbrechen gegen das Volk“ schuldig gemacht haben. Des weiteren verlangt die FIS-Führung die Bildung einer aus Unabhängigen und Islamisten bestehenden Institution, die Neuwahlen vorbereiten soll.

Auch mehrere kleine Parteien sagten ihre Teilnahme ab. Die „Bewegung für Demokratie“ um den ehemaligen Präsidenten Ahmed Ben Bellah ließ verlauten, keines ihrer Mitglieder werde den Tagungssaal betreten. Gestern bekundeten die Führung der „Organisation der Märtyrer des Unabhängigkeitskriegs“ und der „Nationale Verband der staatlichen Unternehmer“ ihre Ablehnung gegenüber der Konferenz.

Die „Sammlung für Kultur und Demokratie“ um Said Saadi, die jedwede Verhandlungen mit den Islamisten ablehnt, will sich dagegen an der Konferenz beteiligen. Die Berberpartei wirft dem Regime vor, die Rechte der Berber im Lande zu ignorieren. Sie verlangt die Anerkennung der Berber- Sprache als offizielle Landessprache neben Arabisch und fordert mehr politische und kulturelle Rechte für die Berber. Der „Verfassungsblock“, ein Zusammenschluß von 13 regimefreundlichen Splittergruppen, versprach ebenfalls an der Konferenz teilzunehmen. Für viele AlgerierInnen ist die Beteiligung dieser Parteien allerdings nur eine „demokratische“ Dekoration für die Militärs.

Unter der Parole „Al-suluh Kheir“ (die Versöhnung ist gut) beriet in der vergangenen Woche die Führung der algerischen „Hamas“-Organisation über die Versöhnungskonferenz. Die gemäßigt-islamistische Gruppierung, die als algerischer Flügel der Muslim-Brüder gilt, bejahte die Beteiligung. Auch die andere legale islamische Gruppe „An-Nahda“ (die Wiedergeburt) erklärte ihre „prinzipielle“ Zustimmung. Beobachter gehen jedoch davon aus, daß die beiden Gruppen angesichts des Boykottes der großen Parteien, ihre Position überdenken werden.

Das Regime bemühte sich in den letzten Wochen, einige Persönlichkeiten aus der FLN und der FIS mit verlockenden Postenangeboten für eine Beteiligung an der Konferenz zu gewinnen. Die Initiative hatte das Ziel, die beiden größten Oppositionsgruppen zu spalten. Die Militärs versuchten, die Reihen der Islamisten in „Gute“ und „Böse“ aufzuteilen. So boten sie inhaftierten FIS-Führern wie Abbas Madani an, die Gefängnishaft gegen Hausarrest in einer staatlichen Villa einzutauschen.

Nach Angaben aus informierten algerischen Kreisen hatten sich die Militärs bereits einen Kandidaten als künftigen Leiter einer Übergangsregierung ausgeguckt: Abdel Aziz Bouteflika, Mitglied des Politbüros der FLN und ehemaliger Außenminister, führte mit anderen Mitgliedern der FLN-Führung eine Kampagne gegen Generalsekretär el-Muhri, um die Beteiligung der Partei an der Konferenz zu sichern. Aber el-Muhri konnte die Mehrheit der Partei hinter sich einigen. Khali Abied

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