■ Sterben für das Fahrerland: Tempo 70, aber dalli!
Zum Glück hat Verkehrssenator Haase durchgehalten. Einen Mißtrauensantrag hat er bislang ebenso schadlos überlebt wie etwa Touristen das Überqueren der sechsspurigen Straße des 17. Juni. Die Aufhebung von Tempo 30 hat der Zweitwagen-Fahrer gegen den Unwillen der SPD genauso durchgesetzt wie den Straßentunnel unter dem Tiergarten. Jetzt gibt der Mann, der am Steuer der Verkehrspolitik immer mit gewissem Geschick dreht, erneut Anlaß zum Aufatmen: Der Stau kann, wie vor den letzten Wahlen versprochen, aufgelöst werden – mit Tempo 70 auf der Heerstraße. Nachdem rot umrandete Behinderungsschilder mit schwarzen Zahlen in der Potsdamer Chaussee in Spandau und der Oranienburger Chaussee in Frohnau endlich entfernt wurden, soll die stadtweite Straßenblockade, die noch von der rot/grünen Koalition ausgeheckt worden war, endlich wieder aufgehoben werden.
Wie der Verein engagierter Verkehrsteilnehmer – keine durchgeknallten Gaspedal-Lutscher wie immer wieder kolportiert – kann man den Trend zu Tempo nur begrüßen: 70 Sachen dienen dem Verkehrsfluß und schützen Wohngebiete, weil dort keiner mehr durchfahren will! Bitte weitermachen, Senat, bitten die Kraftfahrzeugsteuerzahler: Warum nicht gleich Tempo 80, fragt die Bürgerinitiative in einer Erklärung und muß daran erinnern, daß im vergangenen Jahr im Straßenverkehr ein Zehntel weniger Teilnehmer totgefahren worden sind. Nicht nur in der Wirtschaft, auch im Verkehr macht sich also eine gewisse Rezession breit. Piste frei – laßt uns sterben für das Fahrerland! Aber dalli! Dirk Wildt
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