: UN-Konvoi überfallen
■ Sieben Begleitpolizisten verletzt
Sarajevo (AP/AFP) – Mit Schußwaffen ausgerüstete Zivilisten haben in Mittelbosnien einen UNO-Konvoi überfallen und sechs Begleitpolizisten zum Teil schwer verletzt. Ähnliches hatte sich bereits am Vortag ereignet, als mehrere hundert Bewohner einen Konvoi in dem von Muslimen bewohnten Dorf Ticici bei Kakanj überfielen, teilweise plünderten und einen Polizisten anschossen. Obwohl die Bewohner Bosniens seit Monaten UN-Hilfskonvois aufhalten, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen, wurden bei den Protestaktionen nun zum erstenmal Schußwaffen eingesetzt. Offenbar noch vor Bekanntwerden dieser Zwischenfälle hatte der bosnische Premier Silajdžić gefordert, daß gegen Lebensmittellieferungen gerichtete Straßenblockaden, egal von wem sie errichtet würden, durch Luftangriffe beendet werden sollten. Silajdžić hatte der UNO auch vorgehalten, daß in bosnisch beherrschten Teilen Bosniens im Dezember lediglich 2,89 Kilogramm Lebensmittel pro Person verteilt worden wären, während im serbisch beherrschten Gebiet auf jeden Menschen 4,31 Kilogramm und in der kroatisch dominierten Region sogar 9,61 Kilo gekommen seien. Dies hat die UNO bestätigt: Es sei wesentlich einfacher, die kroatische und serbische Bevölkerung zu erreichen, weil diese sich nahe den Grenzen zu Kroatien und Serbien konzentrierten, dem Ausgangspunkt der UNO-Konvois.
Der Kroatische Verteidigungsrat (HVO), die Miliz der bosnischen Kroaten, hat bestritten, ein Massaker an Zivilisten in dem zentralbosnischen Dorf Here verübt zu haben. Zugleich teilte der HVO jedoch mit, Here sei von seinen Soldaten erobert worden. Bei den Kämpfen hätte man keine Zivilisten gesehen. Diese seien bereits vor einem Jahr nach Konjic und Jablanica evakuiert worden. Die überwiegend muslimischen Regierungstruppen Bosniens hatten gegenüber der UN-Schutztruppe erklärt, kroatische Truppen hätten in Here, sechs Kilometer östlich von Prozor, 25 muslimische Zivilisten getötet.
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