: Heilmachen ist besser als wegwerfen
■ Die Reparatur der Kaffeemaschine ist vielen zu teuer / Dabei sind die Geräte zu billig
Anna Thon ist Repassiererin. Sie repariert Feinstrumpfhosen. Der Preis richtet sich nach der Zahl der Laufmaschen und liegt ungefähr bei zwei bis fünf Mark. Die 61jährige arbeitet stundenweise für einen kleinen Laden in Heidelberg. Dort werden auch Tischdecken mit Brandlöchern oder Risse in der guten Anzughose beseitigt. Eine gelernte Kunststopferin behebt den Schaden für 20 bis 50 Mark.
Lohnt sich das denn überhaupt, fragen sich viele Kunden. Denn oft stehen die Reparaturkosten in keinem Verhältnis zum Preis für ein neues Teil. Für die drei Mark, die die Laufmaschen-Reparatur kostet, kann sich frau an der nächsten Ecke einen Dreierpack Nylons im Sonderangebot kaufen. Und 50 Mark für eine gestopfte Tischdecke zahlt man auch höchstens für ein Stück von guter Qualität.
Dabei ist nicht die Reparatur zu teuer, die Produkte sind zu billig. Eine Kaffeemaschine gibt es heute schon für 19,95 Mark, und manche Quarzuhren kosten weniger als ihre Batterie. Die Folge: Es ist billiger, etwas wegzuwerfen, als es reparieren zu lassen. Zudem wird Arbeitskraft, die heute angesichts von Millionen von Arbeitslosen in den Industrieländern genügend vorhanden ist, durch das ersetzt, was immer knapper wird – durch Rohstoffe. Weder die Umweltbelastung bei der Produktion, die Schäden, die der weite Transport aus den Billiglohnländern verursacht, noch die Entsorgungkosten werden auf die Preise umgelegt.
Hierzulande wird Reparieren nur rentabel, wenn die Arbeit subventioniert wird. Behindertenwerkstätten oder Arbeitsloseninitiativen sind daher in der Lage, einen Reparaturservice anzubieten, der beim Fachbetrieb ein Vielfaches mehr kostet.
Ansonsten muß Hausmann oder –frau selbst Hand anlegen. Doch selbst der begabteste Bastler scheitert häufig an den billigen Massenartikeln. Sie sind meist so schlecht gemacht, daß man sie nur reparieren kann, wenn man vorher das Gehäuse kaputtschlägt.
Schon beim Kauf sollte darum darauf geachtet werden, daß das Produkt sich reparieren läßt, Gehäuse also abschraubbar sind statt verschweißt. Geht etwas kaputt, kann bei der Suche nach einem Reparaturbetrieb das Branchenbuch weiterhelfen. Oder Sie fragen im Fachgeschäft nach, wo Sie das gute Stück erstanden haben. ÖTM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen