Grüne schätzen die Kosten auf 30 Milliarden Mark

■ Während die SPD die Grundsicherung durch Subventionskürzungen finanzieren will, wollen Bündnis 90/Grüne eine höhere Grund- und Erbschaftssteuer einführen

Zahlen soll nach Meinung aller Befürworter auf jeden Fall der Bund. Nur die Kosten für die Einführung der Sozialen Grundsicherung, die lassen sich derzeit allenfalls schätzen. Das aktuellste Zahlenbeispiel stammt von dem Mannheimer Fachhochschulprofessor Wilhelm Bödecker, der das Modell des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes mit Daten des Jahres 1990 durchgerechnet hat. Für seine Beispielrechnung setzte er den Grundsicherungsbetrag auf eine fiktive Höhe von 729 DM fest. Für Kinder veranschlagte er nach Alter gestaffelte Beträge. Auf den Bund kämen nach diesen Berechnungen 29,4 Mrd. DM Mehrausgaben zu, während die Kommunen – als Träger der Sozialhilfe – um 12,7 Mrd. DM entlastet würden. Die Nettomehrkosten würden 16,6 Mrd. DM betragen. Da die Zahl der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger seit 1990 weiter gestiegen ist, dürften die Mehrkosten heute entsprechend höher ausfallen.

Auch wegen einer Reihe von Schätzproblemen stellt Bödecker seine Ergebnisse unter Vorbehalt. Denn die offiziellen Statistiken sagen zu wenig über den „Bestand“ an Sozialhilfeempfängern aus. Auch läßt sich die Dunkelziffer derjenigen, die ihren Anspruch auf Sozialhilfe nicht geltend machen und künftig Grundsicherung erhalten würden, naturgemäß nicht erfassen. Außerdem gibt es zuwenig Daten über die Anzahl derjenigen, deren Einkommen knapp über dem Sozialhilferegelsatz liegt und die künftig ebenfalls Anspruch auf Grundsicherung hätten. Dennoch gelten Bödeckers Berechnungen als die bislang solidesten.

Bündnis 90/Grüne schätzen, daß die Grundsicherung Mehrkosten von 30 Mrd. DM jährlich verursacht. Dies wäre nahezu eine Verdoppelung des Sozialhilfebudgets, das 1992 insgesamt 42 Mrd. DM betrug. Finanziert werden soll die Grundsicherung durch eine Erhöhung der Grundsteuer und der Erbschaftssteuer, also „zu Lasten der Vermögenden“.

Wesentlich teurer kommt das Modell der PDS. Arbeitslose und RentnerInnen erhalten einen Sockelbetrag von 1.250 DM, StudentInnen ein Stipendium von 1.250 DM, Schüler höherer Klassen 1.000 DM. Außerdem soll das Kindergeld auf 500 bis 750 DM erhöht werden. Insgesamt würde das PDS-Luxusmodell 155 Mrd. DM kosten. Deswegen soll das Kindergeld zunächst nur 250 DM betragen, was die Mehrkosten auf 75 Mrd. DM reduziert. Dies entspricht, so die PDS, etwa der Hälfte der Summe, die der Staatskasse durch Steuerhinterziehung und andere Formen der Wirtschaftskriminalität entzogen werden. Der Schönheitsfehler: Wenn es so einfach wäre, Steuerhinterzieher dingfest zu machen, hätte der Finanzminister sicher schon zugegriffen. Als weitere Säule der Finanzierung will die PDS eine allgemeine Versicherungspflicht für alle BürgerInnen einführen.

Deutlich billiger ist das Modell der SPD. Die Einführung der Sozialen Grundsicherung für RentnerInnen und Invaliden würde nach Berechnungen von 1990 rund vier Mrd. DM kosten. Bezöge man Arbeitslose in die Soziale Grundsicherung mit ein, würde dies weitere zehn Mrd. DM kosten. Finanzieren will die SPD dies unter anderem durch Kürzungen bei Subventionen.

Insgesamt 15 Mrd. DM ließen sich hereinholen, wenn endlich Flugbenzin besteuert würde oder Spekulationsgewinne steuerlich erfaßt würden. Nach Angaben des SPD-Sozialexperten Dreßler verschenkt der Staat jährlich allein eine Mrd. DM, weil im Ausland gezahlte Schmiergelder steuerlich abgesetzt werden können.